Tatvorwürfe gegen Berliner Antifas schwinden

Wegnahme eines ThorHammers ist kein schwerer Raub

  • Lesedauer: 2 Min.

Im Herbst 2013 fiel einigen Antifaschisten in Berlin-Mitte ein Mann auf, der einen ThorsHammer an einer Halskette trug. Der ThorsHammer (oder auch Mjöllnir) steht für vorchristlich-germanische Mythen, auf die sich in der rechten Szene gerne bezogen wird. Das Symbol auf T-Shirts gedruckt oder an einer Kette am Hals ist unter Nazis weit verbreitet.

Die Antifaschisten sollen dem Mann nach einem Wortwechsel den ThorsHammer weggenommen haben, weil dieser ein faschistisches Symbol ist. Polizei und Staatsanwaltschaft sprachen von »schwerem Raub« (Mindeststrafe: drei Jahre Haft) und ließen im Oktober 2013 sieben Wohnungen in Berlin und Brandenburg durchsuchen, darunter auch Wohnungen und Wohngemeinschaften, in denen keiner der Beschuldigten wohnte. nd berichtete im Bewegungsblog.

Nun fand der erste Prozess gegen einen der Beschuldigten vor einem Berliner Jugendgericht statt. Im Laufe der Verhandlung schmolzen die Tatvorwürfe dahin. Der Vorwurf »Beleidigung« wurde erst gar nicht verhandelt, weil er nicht nachweisbar war. Die Staatsanwaltschaft ließ auch die Anklage »schwerer Raub« fallen. Verurteilt wurde der Antifaschist am 18. Juni schließlich wegen »gemeinschaftlicher Nötigung« zu drei Wochen Jugendarrest. Ob das Urteil rechtskräftig und die Strafe vollstreckt wird, ist noch offen. Falls es überhaupt noch zu weiteren Strafprozessen gegen andere Beschuldigte kommt, wird das zuständige Amtsgericht Tiergarten ebenfalls vom Vorwurf des schweren Raubs Abstand nehmen müssen.

Die Staatsanwaltschaft hat sich seit den Hausdurchsuchungen im Oktober 2013 bei über der Hälfte der Beschuldigten nicht mehr gemeldet bzw. keine Anklage erhoben. Laut Einschätzung von Betroffenen dienten die Ermittlungen und schikanösen Durchsuchungen der Einschüchterung und Ausforschung linker Strukturen.

Das Amtsgericht Tiergarten hatte bereits mit Beschluss vom 24. Februar 2014 festgestellt, dass die Durchsuchungen in einer Wohngemeinschaft rechtswidrig waren, weil sie nicht durch den Durchsuchungsbeschluss des Gerichts gedeckt waren. Die Polizisten hätten vorher eine richterliche Entscheidung einholen müssen. Die Kosten dieses Verfahrens trägt die Landeskasse.

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