»Ich bin der neue Anhaltspunkt«

Nach dem Karriereende von Maria Höfl-Riesch soll Viktoria Rebensburg die deutschen Skirennläuferinnen anführen

  • Thomas Häberlein und
Thomas Niklaus, Sölden
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Wochenende beginnt in Sölden der alpine Weltcup. Für die deutschen Skirennläufer wird es nach dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch ein Neubeginn.

Kurz vor Beginn dieses Winters gab Maria Höfl-Riesch ein Rätsel auf. Sie postete ein Foto, das sie im Rennanzug auf dem Hintertuxer Gletscher zeigt. »Comeback?«, schrieb sie dazu. Es war ein Scherz. Der Skitag vergangene Woche, ihr erster seit ihrem Rücktritt im April, diente Dreharbeiten für einen Werbespot. Höfl-Riesch wird in diesem Winter bei Skirennen nur als Testimonial für eine Nasenspülung oder als ARD-Expertin zu sehen sein.

Für den Deutschen Skiverband (DSV) beginnt am Wochenende auf dem Rettenbachferner hoch über Sölden eine neue Zeitrechnung. Höfl-Riesch, bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi noch einmal mit Gold und Silber dekoriert, fällt künftig aus als Medaillengarantin und Schutzschild für eine Mannschaft, die sich neu aufstellen muss. »Wir planen einen Zeitkorridor von zwei Jahren ein«, sagt Alpindirektor Wolfgang Maier. Und er plant Viktoria Rebensburg ein.

»Um Viktoria Rebensburg herum«, sagt Maier, soll die neue Frauenmannschaft aufgebaut werden. Im Winter 2016/2017, davon geht er aus, können »dann mehr als eine Läuferin um die Medaillen mitfahren«. Einstweilen aber muss es Rebensburg richten, auch in diesem Winter finden schließlich Weltmeisterschaften statt, in Vail und Beaver Creek im US-Bundesstaat Colorado (3. bis 16. Februar). Maier wünscht sich zudem, dass die 25-jährige Rebensburg um den Sieg in der Weltcupgesamtwertung im Riesenslalom mitfährt.

Der Funktionär weiß, dass eine »große Herausforderung« bevorsteht, doch er ist sich auch sicher, dass Rebensburg sie meistern könne. »Ich möchte im Riesenslalom wieder ganz nach vorne«, sagt sie selbst. Fast gerät in Vergessenheit, dass das nach Jammern auf hohem Niveau klingt: Rebensburg wurde 2010 Olympiasiegerin im Riesenslalom und gewann in Sotschi in ihrer Lieblingsdisziplin gänzlich unerwartet Bronze, nachdem sie zuvor wegen gesundheitlicher Probleme eine fürchterliche Saison durchlitten hatte.

Höfl-Riesch jedenfalls hat schon mal ausgerichtet, dass sie Rebensburg die »Leader-Rolle auf jeden Fall zutraut«, die letzte verbliebene Siegfahrerin der deutschen Frauen wehrt sich auch gar nicht gegen die Verantwortung. »Ich denke schon, dass ich der Anhaltspunkt bin für die anderen«, sagt sie vor dem Auftakt am Samstag. Wolfgang Maier nennt sie eine »heiße Kandidatin für ein Top-Drei-Ergebnis«. 2010 hat Rebensburg in Sölden gewonnen, 2011 war sie Zweite, im Vorjahr Dritte.

Rebensburg wird zudem bei der WM jene Medaille holen müssen, die Maier als Ziel für die Frauen ausgegeben hat. Dazu sollen noch je eine bei den Männern sowie im Teamwettbewerb kommen - auch das erscheint keinesfalls abwegig. Bei der vergangenen WM 2013 gewann die DSV-Mannschaft Bronze im Nationenkampf und Felix Neureuther Einzelsilber im Slalom. Auf einen Start in Sölden verzichtet der 30-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen allerdings noch, nach seinen schon obligatorischen Rückenbeschwerden hat er Trainingsrückstand.

Auch ohne Neureuther, der beim Slalom am 16. November im finnischen Levi sein erstes Saisonrennen bestreiten will, sind die deutschen Männer besser aufgestellt als die Frauen, zumindest für den Riesenslalom zum Saisonstart am Sonntag. »Fritz Dopfer und Stefan Luitz haben große Chancen, um die Podestplätze mitzufahren«, sagt Maier. Beide haben dies bereits unter Beweis gestellt, ihnen fehlt jedoch Konstanz.

Den beiden dabei helfen, den letzten großen Schritt in die permanente Weltspitze zu gehen, soll ein bemerkenswerter Neuzugang, der zugleich ein Rückkehrer ist. Nach vier Jahren als Cheftrainer der österreichischen Männermannschaft ist Mathias Berthold zum DSV zurückgekehrt. Der Österreicher war zuvor jahrelang Cheftrainer der erfolgreichen DSV-Frauenabteilung um Höfl-Riesch gewesen, jetzt soll er aber die Männer richtig auf Trab bringen. »Wir können da schon etwas bewegen«, sagt er. Auch wenn Neureuther erst mal nicht mitfährt. SID/nd

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