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Treuhand geht an die Börse

Die Anteile der TLG Immobilien AG fanden nur verhaltenen Anklang bei Frankfurter Aktienhändlern

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
400 Millionen Euro machte der Investor Lone Star am Freitag mit dem Börsengang der TLG. Nur ein Bruchteil davon fließt in die Firma.

Wenn sich eine frühere Treuhand-»Tochter« schick herausputzt und an die Börse spaziert, ist dies bezeichnend. Erst recht gilt das nach dem Kursflop der Rocket Internet AG kurz nach dem Börsenstart; und es gilt besonders in Zeiten, in denen sich andere Unternehmen von geplanten Börsengängen kleinlaut zurückziehen. Nicht so die TLG Immobilien AG.

Heute bilden Bürokomplexe etwa in Berlin oder Rostock den Kernbestand der Aktiengesellschaft. Ebenso gehören das »Hotel de Saxe« an der Dresdner Frauenkirche, ein Gewerbepark in Grimma oder Supermärkte zur TLG-Gruppe. Alles in »ostdeutschen Wachstumsregionen«, lobt Vorstand Niclas Karoff.

Dabei blickt auch diese Treuhand-Nachfolgerin auf eine lehrreiche, sogar beispielhafte Geschichte zurück: Die »TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft« wurde 1991 zunächst als Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt gegründet, deren Aufgabe es war, die Volkseigenen Betriebe der DDR zu privatisieren. Später gehörte TLG direkt dem Bund.

Zwei Jahrzehnte nach ihrer Gründung wurde das Unternehmen in eine Firma mit Gewerbeimmobilien und eine mit Wohnungen aufgespalten. Letztere wurde von der börsennotierte TAG gekauft. Das Hamburger Unternehmen mit Wurzeln am Tegernsee gehörte damals dem ostdeutschen Investmentbanker Rolf Elgeti. Der Sohn eines LPG-Landwirtes aus Mecklenburg hatte seine Karriere in der Londoner Finanzwelt noch vor der Lehman-Pleite hingeschmissen.

Nach einer steilen Karriere bei diversen Banken hatte Elgeti zu den bekannteren deutschen Aktienanalysten gehört und galt als origineller Denker. Doch Elgeti will selber ins große Geschäft: Bei einem Glas Rotwein, so erzählt er später einem »Handelsblatt«-Redakteur, sei ihm mit Freunden in der Londoner »City« der Gedanke gekommen, sein Geld in sogenannte Zinshäuser anzulegen. »Zinshäuser« nennen Investoren Mietshäuser. Geografischer Schwerpunkt: Ostdeutschland, die alte Heimat.

Den gewichtigeren Gewerbeblock der TLG verkaufte das Bundesfinanzministerium im Dezember 2012 für 1,1 Milliarden Euro an die US-amerikanische Lone Star. Kritiker hielten die runde Milliarde für einen Dumpingpreis. Dieser Treuhand-Nachlass ging nun am Freitag an die Börse.

Noch Donnerstag soll es Probleme gegeben haben, die Orderbücher zu füllen. Neben der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit und sinkenden Aktienkursen dürfte dabei auch der Verdacht eine Rolle gespielt haben, dass Lone Star mit der Ausgabe neuer Aktien nur Kasse machen wolle. Das handfeste TLG-Engagement bietet sich dafür an.

Der Erlös aus dem Börsengang liegt für Lone Star bei 400 Millionen Euro. Nur gut 100 Millionen davon fließen in die Firmenkasse von TLG. Den Löwenanteil kassiert Lone Star selbst, die ihren TLG-Anteil auf 40 Prozent abschmelzen will. Für die Amerikaner sind das allerdings eher Peanuts: Der Investor verwaltet weltweit Beteiligungen im Wert von 52 Milliarden US-Dollar (rund 40 Milliarden Euro).

Die Grünen wollen indes im Haushaltsausschuss des Bundestages prüfen lassen, ob sich der Bund bei dem TLG-Verkauf habe »über den Tisch ziehen lassen«. Heidrun Bluhm, wohnungspolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, wirft der Regierung zudem vor, »mit dem Verkauf an Lone Star der Spekulation mit Wohnungen und Gewerbeimmobilien Tür und Tor geöffnet« zu haben. Die Mieter, sagte Bluhm dem »nd«, »werden eher früher als später mit Mieterhöhungen rechnen müssen«. Die Bundesregierung habe dies gewusst und billigend in Kauf genommen. Für Bluhm ist das »ein sozialer Skandal«.

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