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Traum vom fünften Stern

Der Deutsche Fußball-Bund präsentiert seine Visionen für die kommenden zehn Jahre

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Neue Talente, Europameister 2016, die Ausrichtung der EM 2024 und alsbald wieder Weltmeister: Der DFB will im internationalen Fußball den Ton angeben - und investiert dafür viel Geld.

»Ehrenrunde« heißt der Titel jener basisorientierten Maßnahme, bei der sich im nächsten Jahr ein gewaltiger Truck des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Bewegung setzt. An Bord wird sich der WM-Pokal befinden, der ab Mai bei rund 65 Amateurvereinen herumgefahren wird - Endstation wird dann das neue DFB-Museum in Dortmund sein, das das Ding dann praktischerweise zur Eröffnung direkt in seine Obhut nimmt, sofern die Trophäe die Tingeltour unfallfrei überstanden hat. Der Gewinn des Goldstücks hat Wolfgang Niersbach am Dienstag zu der aufrichtigen Anmerkung animiert, sich bitteschön zu Weihnachten zuhause mal auf die Couch zu legen, Fernseher und Radio auszuschalten, »und sich kneifen und fragen, ob das alles wahr ist!«

Der DFB-Präsident denkt nämlich zehn Jahre zurück: »Beim EM-Vorrundenaus 2004 waren wir am absoluten Tiefpunkt angelangt. Und hätten wir uns überhaupt für die WM 2006 qualifiziert, wenn wir sie nicht ausgerichtet hätten?« Zudem erinnerte der 64-Jährige an den »Glücksmoment«, dass der damals zum Teamchef berufene Jürgen Klinsmann mit dem vom DFB präferierten Assistenztrainer Holger Osieck nichts anfangen konnte, sondern Joachim Löw vorzog. »An den hatten wir nicht im Entferntesten gedacht.«

Niersbach kramte die Vergangenheit hervor, um den Blick in die Zukunft zu richten: Gerade erst auf der Präsidiumssitzung in Weimar sei ein Zehn-Jahres-Plan verabschiedet worden, der die »nächsten Meilensteine außerhalb des Tagesgeschäfts« markiere. Einer ist die Ausrichtung der EM 2024, für die zehn Stadien benötigt werden. »Keines muss davon neu gebaut werden«, sagte Niersbach, »wir sind da exzellent vorbereitet.« Für eine Olympiabewerbung von Hamburg oder Berlin hege er »Sympathie und Respekt«, aber er stellte mal klar, »dass wir seit Oktober 2012 die Karten auf den Tisch gelegt haben.« Sollte heißen: Der Deutsche Olympische Sportbund muss zusehen, wie er zwei Großveranstaltungen in einem Sommer der Sportwelt vermittelt - nicht der DFB.

Im März 2015 beim UEFA-Kongress in Wien rückt Niersbach voraussichtlich ins Exekutivkomitee des Weltverbandes auf. Seine Maßgabe: »Ich will mich da so einbringen, dass sich das Image der FIFA ändert. Die oberste Fußballorganisation muss für Glaubwürdigkeit, Seriosität und Integrität stehen.« Danach sehe es ja beileibe nicht aus, doch der eng mit vielen Entscheidern verbandelte Rheinländer weiß selbst, wie schwer solch eine Reform wird.

Leichter ist es da schon, im eigenen Hause Projekte anzustoßen, die alle dem Ziel dienen, den Leistungsstand zu optimieren. Bundestrainer Joachim Löw blieb indes der Präsentation fern und verriet lediglich tags zuvor in einem Kurzvideo des verbandseigenen Internet-TV, »eine Epoche prägen und 2016 das Ding in Paris gewinnen« zu wollen. Damit trotz des demografischen Wandels für künftige Turniere genügend Talente ausgebildet werden, soll bis Ende 2018 eine Akademie im Frankfurter Stadtteil Niederrad entstehen - Luftlinie nur einen Kilometer entfernt vom bisherigen Verbandssitz.

Das bis zu 20 Hektar große Gelände, auf dem bislang Galopprennbahn und Golfplatz zu finden sind, ist bereits in Erbpacht von der Stadt an den DFB übertragen und auch der Architektenwettbewerb in Gang gebracht. »Es gab 213 weltweite Bewerbungen, davon haben wir 30 ausgewählt - 20 nationale, zehn internationale«, verriet Generalsekretär Helmut Sandrock. Bald soll die Zahl auf zehn Entwürfe schrumpfen, bereits im Mai nächsten Jahres soll der Gewinner gekürt werden, »dann könnten 2016 die Bagger anrollen.«

Der Zeitplan für das 89-Millionen-Bauvorhaben - die größte Einzelinvestition der DFB-Geschichte - gilt allein deshalb als ambitioniert, weil dagegen in der Bankenstadt eine Unterschriftensammlung läuft. Kommen die gültigen 13 600 Stimmen zusammen, und danach sieht es derzeit aus, muss die Stadtverordnetenversammlung entscheiden, ob ein Bürgerbegehren einberufen wird. Bis jetzt kam es in der Mainmetropole noch nie dazu. Sandrock: »Deshalb machen wir in unvermindertem Tempo weiter.« Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff als Ideengeber eines Leistungszentrums wirbt mit dieser Leitidee: »Wir wollen das Kompetenzzentrum im Fußball sein - national, möglicherweise auch international.« Damit es nicht allzu lang dauert, dass Land und Verband den fünften Stern feiern können.

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