Einladung nach Frankfurt

Der Widerstand der Griechen gegen die Troika soll auch in Deutschland sichtbar werden - das kostet vor allem Geld

  • John Malamatinas
  • Lesedauer: 3 Min.
Zu den Blockupy-Aktionen im März haben sich auch Aktivisten aus Griechenland angekündigt. Ob es viele werden, hängt am Geld, das die Deutschen haben und die Griechen nicht. Solidaritätstickets könnten helfen.

»Die griechische Bevölkerung hat nicht akzeptiert, was als alternativlos gilt. Sie hat ihre eigene Krise dorthin zurückgebracht, wo sie hergekommen ist: in das deutsche Europa der Troika, der Spardiktate und der Ausgrenzung«, kommentiert der Blockupy-Koordinierungskreis die Auseinandersetzungen in der Eurozone nach dem Regierungswechsel in Griechenland. Was in der Erklärung als Metapher erscheint, wird womöglich bald Realität: An den kommenden Protesten gegen die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main werden auch griechische Aktivisten teilnehmen.

Blockupy ist Teil eines europaweiten Netzwerks vielfältiger Bewegungen gegen die Austeritätspolitik. In einem Aufruf für den 18. März, der in 16 Sprachen verfügbar ist, kündigen sie zusammen an, die Eröffnungsfeier des EZB-Neubaus im Frankfurter Ostend zu stören: »Wir werden ihre Party übernehmen und sie verwandeln in einen Ausdruck des transnationalen Widerstands gegen die europäische Krisenpolitik und gegen deren katastrophale Konsequenzen besonders für die Menschen im europäischen Süden.« Schon in den Vorjahren beteiligten sich bis zu 200 AktivistInnen aus Italien an den Blockupy-Aktionen.

Was bisher fehlte, war eine breitere Präsenz der sozialen Bewegungen aus Griechenland. Zwar beteiligten sich Einzelpersonen an Diskussionen und früheren Aktionen; und Nachrichten von Protesten in Frankfurt erreichten auch die griechischen Medien. Aber es ist nie zu einer richtigen Mobilisierung gekommen.

Dieses Jahr soll das anders werden. Am Wochenende der Parlamentswahl fand eine erste Infoveranstaltung in Athen statt. Etwa 50 Menschen fanden sich unter dem Motto »Let’s go to Frankfurt!« im sozialen Zentrum Nosotros im linksalternativen Stadtteil Exarchia zusammen. Grund für die spontane Veranstaltung war der Besuch von Blockupy-Aktivisten aus Deutschland, die in ihrem Blog »Blockupy goes Athens« über die Tage rund um die Wahl berichteten.

Der Abend hatte einen transnationalen Charakter. AktivistInnen aus Italien waren anwesend, deshalb wurde auf englisch darüber diskutiert, aus welchem Grund sich bislang nur wenige Krisenbetroffene den Protesten in Deutschland angeschlossen haben. Größtes Problem ist das Geld. Kaum einer kann sich ein Flugticket leisten. Selbstkritisch hoben griechische Teilnehmer aber auch hervor, dass das Interesse an transnationaler Zusammenarbeit in der griechischen Linken fehle. Deshalb würden Auslandsreisen schlecht vorbereitet und gebe es keine Absprachen unter den Gruppen. Fehler wurden aber auch bei Blockupy selbst gesehen: Zu deutschlandzentriert sei die Kampagne, die zudem auch dort nur einen kleinen Teil der Gesellschaft anspreche.

Bisher haben zwei Dutzend Aktivisten aus dem antiautoritären Spektrum Flüge nach Frankfurt gebucht. Aus Athen, Thessaloniki und Komotini haben Gruppen die Teilnahme angekündigt. Zudem werden Delegationen von den linken Netzwerken »Diktio« und »Solidarity4all« sowie von der Linkspartei SYRIZA erwartet. Besonders von der Regierungspartei erhofft man sich Hilfe bei der Finanzierung. Zudem organisieren Gruppen kollektive Barabende, um mit den Einnahmen weiteren Menschen die Fahrt zu ermöglichen.

Auch aus anderen europäischen Ländern wollen Demonstranten zu den Protesten anreisen. Aus Italien werden diesmal noch einige hundert Aktivisten mehr als in den Vorjahren kommen. Aus Frankreich, Skandinavien, Österreich und Belgien haben Aktivisten beim letzten internationalen Vorbereitungstreffen ebenfalls ihre Teilnahme zugesagt. Die Organisatoren von Blockupy gehen deshalb von mehreren tausend Teilnehmern aus allen Ecken Europas aus.

In Deutschland wird ebenfalls versucht, Geld aufzutreiben. Einige Gruppen denken über »Städtepartnerschaften« nach, um die Anreise aus Südeuropa besser zu koordinieren. Das Blockupy-Bündnis verkauft zudem Solidaritätstickets und sammelt Spenden. Je mehr Leute »solidarity tickets« für 15 Euro und mehr erwerben, »um so mehr FreundInnen in anderen Ländern können wir Reisekostenzuschüsse geben«, weisen sie auf der Homepage hin.

Die Zeichen stehen gut für den Beginn eines europäischen Frühlings. Die Mobilisierung für die Blockade der EZB-Eröffnung dürfte von der Freude in der deutschen Linken über den SYRIZA-Wahlsieg profitieren. Vor allem die EZB selbst gab aus Sicht der Blockupy-Organisatoren mit ihrer Entscheidung, Griechenland den Geldhahn zuzudrehen, noch mehr Grund, »den Protest ins Herzen der Bestie zu tragen«.

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