Freiburg sorgt wieder für Furore

Mit 6:3 schlägt der SC zum Zweitligaauftakt eine noch unfertige Nürnberger Mannschaft

Mit einem deutlichen 6.3 beginnt der Zweitligaauftatkt. Der 1. FC Nürnberg erlebte zum Saisonstart einen »Fußball-Albtraum« - und will sein Team noch verstärken. Ganz anders Sieger Freiburg.

Am späten Montagabend konnte man Freiburgs Sportdirektor Klemens Hartenbach dabei beobachten, wie er noch lange nach dem Ende der Pressekonferenz mit konzentriertem Blick die Fernsehzusammenfassung des 6:3-Sieges gegen den 1. FC Nürnberg anschaute - und beim zwischenzeitlichen 4:0 durch Mike Frantz (40.) doch tatsächlich kurz lächelte, ehe er wieder die Stirn in Falten legte. Auf die Frage, ob er sich denn nach solch einem erfolgreichen Abend nicht einmal einen Moment der Freude gönnen wolle, hatte er eine schlagfertige Antwort parat: »Aber ich weiß doch noch gar nicht, wie das Spiel ausgeht...«

Man kann Hartenbach und seinen arbeitswütigen Freiburger Kollegen nur wünschen, dass sie sich dann doch noch irgendwann ein Gläschen Sekt gegönnt haben. Denn nach Lage der Dinge haben sie beim SC wieder eine Mannschaft zusammengestellt, die in der Zweiten Liga wieder für Furore sorgen könnte. Und das mit Neuzugängen, die mit Ausnahme des dreifachen Torschützen Nils Petersen (8./11./13.) wohl nur Insidern bekannt waren.

Doch Spieler wie Amir Abrashi, Vincenzo Grifo und selbst der spät eingewechselte Tim Kleindienst hatten großen Anteil daran, dass die bemitleidenswert schwachen Nürnberger Spieler von einer Verlegenheit in die nächste gestürzt wurden und am Ende froh sein mussten, dass sie dank einer kurzen Freiburger Schwächephase nur 3:6 verloren hatten. Maximilian Philipp (61.) und Julian Schuster (90.) hatten auf die drei Nürnberger Tore durch Kevin Möhwald (44.), Hanno Behrens (46.) und Alessandro Schöpf (53.) nochmals geantwortet. »Wir waren heute einfach nur schlecht«, sagte FCN-Trainer René Weiler. »Ich möchte da auch gar nichts beschönigen. Das war ein Fußball-Albtraum.« Der bedauernswerte Weiler betreut eine unfertige Mannschaft, ein Rechtsverteidiger und ein Angreifer sollen noch kommen. Dass er sich darüber nicht beschwert, ist ihm hoch anzurechnen.

Ganz anders die Lage bei den Badenern: Gut 25 Millionen Euro hat der SC für Spieler wie Admir Mehmedi, Felix Klaus, Oliver Sorg, Jonathan Schmid, Roman Bürki oder Vladimir Darida eingenommen. Und nur ein Viertel davon investiert, den Löwenanteil davon für Petersen, der schon in der vergangenen Saison als Leihspieler neun Treffer in 12 Spielen beigesteuert hatte. Christian Streich hat das große Sparen mitgetragen. Dass finanzielle Reserven für den Nachwuchs und den geplanten Stadionneubau zurückgelegt werden, hält auch er für richtig. Streich wäre im Übrigen nicht er selbst, wenn er nicht unmittelbar nach solch einem Galaauftritt warnen würde: »Sollte einer auf die Idee kommen, nach diesem Sieg abzuheben, wäre das der erste Schritt in eine ganz falsche Richtung.«

Wer diesen Sieg zu relativieren versucht, tut das Richtige. Nicht nur, weil es nicht mehr viele Gegner geben wird, die den SC so kombinieren lassen werden wie die Nürnberger, die im Zentrum genauso überfordert waren wie auf den beiden Außenbahnen. Sondern auch, weil in der sowieso kaum geforderten Defensive noch Luft nach oben ist. Drei Gegentreffer, wie sie die Freiburger zwischen der 44. und der 53. Minute kassierten, kann man sich in einem Pflichtspiel in der Regel nicht leisten. Doch neun wache und 81 verschlafene Minuten sind keine zweitligataugliche Bilanz. Nürnbergs Mittelfeldmann Jan Polak schaute dann auch drein wie der Augenzeuge eines schlimmen Verkehrsunfalls. »Das war ganz schlecht von uns«, fand der Tscheche und hob an zu erklären, wie man die Partie eigentlich hatte angehen wollen: »Wir hatten uns vorgenommen, die Freiburger von Anfang an in Zweikämpfe zu zwingen.«

Das wiederum war nun wirklich interessant, denn zu so etwas wie Zweikämpfen kann es nicht kommen, wenn zehn Feldspieler in rot zehn Kollegen in weiß nach allen Regeln der Kunst überrennen. Nun ist der ruhmreiche 1. FC Nürnberg kein Verein, der ein solches Desaster gleichmütig hinnehmen würde. Schon zur Halbzeit hatten Hunderte Clubfans den Ort des Schreckens verlassen, Sportdirektor Martin Bader steht nicht erst seit gestern in der Kritik. Und das nicht ohne Grund: Dass ein Stürmer fehlt, dem man zutraut, sieben, acht Tore pro Saison zu schießen, war auch am Montag augenfällig. Wie fahrlässig es ist, einen eher offensiv denkenden Mittelfeldspieler als Rechtsverteidiger spielen zu lassen, sah man ebenfalls nicht nur beim 1:5. Vorwerfen kann man das Kevin Möhwald nicht.

Und wohl auch nicht dem Trainer, der sich alle Mühe gab - »es ist bekannt, dass wir auf dieser Position noch aktiv werden« - um seinem Sportdirektor nicht in den Rücken zu fallen. »Vor dem Spiel gegen Heidenheim am Freitag wartet jetzt viel Arbeit auf uns.« Verdammt viel Arbeit für drei Trainingstage.

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