»Wir können das besser«

LINKE stimmt sich mit ihrem designierten Spitzenkandidaten Lederer auf Wahlkampf ein

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.
Auf ihrem Parteitag hat sich die LINKE als Regierungspartei in spe positioniert. Außerdem wurde ein Leitbild verabschiedet und Solidarität mit den Opfern des islamistischen Terrors gezeigt.

Zu Beginn ihres Landesparteitages gedachten die 145 Delegierten der Linkspartei am Sonnabend in Adlershof in einer Schweigeminute den Opfern des islamistischen Terrors. »Wir trauern mit den Familien, den Freundinnen und Freunden der Opfer der IS-Terroranschläge von Paris, Beirut, Ankara, Sinai, in den kurdischen Gebieten und weiteren Orten der Welt«, hieß es in einer Resolution, die die Delegierten verabschiedeten. Die LINKE verwehrt sich gegen eine Instrumentalisierung der Anschläge, um gegen Flüchtlinge zu hetzen und eine weitere Aufrüstung der Sicherheits- und Geheimdienstapparate zu legitimieren.

Der Zuzug nach Berlin kommender Menschen bestimmte im Anschluss auch die Debatten der Parteiversammlung. In einem anrührenden Moment wurden die Flüchtlinge Ervis Meçella und Thierry Danchop als neue Parteimitglieder aufgenommen. »Die LINKEN haben gezeigt, dass sie keinen Unterschied machen zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen«, begründete Meçella seinen Eintritt.

In seiner Rede am späten Nachmittag griff der designierte Spitzenkandidat der Sozialisten für die Abgeordnetenhauswahl, der Landesvorsitzende Klaus Lederer, den regierenden rot-schwarzen Senat für seine desaströse Flüchtlingsunterbringung scharf an. »Erst werden jahrelang die Entwicklungen ignoriert, und wenn die Probleme dann unübersehbar sind, wird chaotisch, planlos, hektisch und nicht selten symbolisch reagiert«, sagte Lederer. Und: »Es ist die Kurzsichtigkeit, die Zaunkönigperspektive dieser Politik, die wir beenden müssen. Und deshalb gehört dieser Senat abgewählt, wir können das besser!«

Mit der Verabschiedung des Leitantrages »Mit einer starken LINKEN für ein soziales Berlin«, sozusagen die Kampfansage der Linkspartei in Hinblick auf die Wahl 2016, unterstützt jetzt auch der Landesparteitag eine Spitzenkandidatur Lederers. Der Antrag war bei einigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen werden. Endgültig gewählt wird der Spitzenkandidat zugleich mit der Landesliste aber erst durch die Vertreterversammlung der LINKEN im Frühjahr.

Doch auch wenn die Partei bei der Verabschiedung des Leitantrages Geschlossenheit zeigte, wurde in Adlershof erneut deutlich, dass es über die innerparteiliche Strömung »Antikapitalistische Linke« hinaus Kritik am Spitzenkandidaten und dem Anspruch gibt, eine bessere Regierungspartei zu sein. »Was die Berlinprogrammatik betrifft, haben wir kein überzeugendes Programm, wie Berlin geändert werden soll«, sagte Michail Nelken von der Pankower Linksfraktion. Außerdem gebe es bis heute keine wirkliche kritische Analyse zur rot-roten Regierungszeit.

Einer, der seit Monaten an einer solchen Aufarbeitung schreibt, ist der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf. Die von einigen geforderten »roten Haltelinien« für eine Regierungsbildung wies Wolf in einer aufrüttelnden Rede zurück. »Das ist nicht radikal. Das ist albern«, sagte Wolf mit Blick auf die Forderungen nach beispielsweise 140 000 neuen Sozialwohnungen, 10 000 Stellen im Öffentlichen Dienst oder nach der Forderung der Rekommunalisierung der verkauften Wohnungsbaugesellschaft GSW. Die SPD würde das sofort unterschreiben, weil es keine Folgen hätte, viel wichtiger sei, zu welchen Bedingungen und wie die Mieten in den Sozialwohnungen ausgestaltet sind.

Dass es der LINKEN in den vergangenen Jahren gelungen ist, Vertrauen in der Stadt zurückzugewinnen, zeigte die Anwesenheit von vielen Gästen aus der Stadtgesellschaft. Ob Kita-Bündnis, Türkischer Bund Berlin-Brandenburg oder Gewerkschaften. Die Partei, und auch die Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Udo Wolf, gilt wieder als verlässlicher und vertrauensvoller Partner. »Wir als Gewerkschaften sehen schon einen Unterschied, ob die LINKE in der Regierung ist oder nicht«, sagte die DGB-Vorsitzende von Berlin-Brandenburg, Doro Zinke. Die Gewerkschaftschefin warnte aber auch vor »Scheingefechten« um Regierungsbeteiligungen. Denn angesichts der »alarmierenden Umfrageergebnisse« sei unklar, was in zehn Monaten nicht alles passieren könne. »Ich sehe, was die gesellschaftliche Stimmung angeht, tiefdunkel Schwarz«, sagte Zinke. Auch in den Betrieben gebe es immer mehr Ängste.

Für die LINKE heißt das in den kommenden Monaten, sich klar zu positionieren und Rechtstrends zu stoppen. »Haltung ist mehr als Symbolik«, gab Klaus Lederer die Richtung vor. »Wer an die Anhängerschaft der AfD herankommen will, darf nicht deren Positionen übernehmen. Es hilft nur der harte Weg des Werbens für die Richtigkeit der eigenen Positionen. Es ist ein Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten, da kann sich niemand wegducken.«

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