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»Friedensfahrt-Omi«

Die unermüdliche Charlotte ist tot

Nicht oft bringen es Breitensportler zu Bekanntheit, Charlotte Mehlhorn aus Zschornewitz in Sachsen-Anhalt hat dies locker geschafft – im Rentenalter. Als sie 1973 als Sechzigjährige in den Ruhestand ging, begann ihre Sportkarriere: Sie schloss sich der DDR-Meilenlauf-Bewegung an und sammelte so schnell viele Meilenstempel – dass sie 1973 bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin im Jahn-Sportpark mitlaufen durfte: 20 000 Leute jubelten der ältesten Starterin zu, die russische Diskus-Olympiasiegerin Faina Melnik umarmte Charlotte Mehlhorn (Foto: imago) auf der Zielgeraden.

Ein Jahr darauf aber sattelte sie um. Nachdem sie in Magdeburg Rad-Idol Täve Schur kennengelernt hatte, trainierte sie nun auf dem Rad – für die Friedensfahrt. Fast jedes mal Mal war sie fortan bei der großen Fahrt dabei. Sie fuhr vor oder hinter dem Peloton Etappen nach – auf ihrem MIFA-Rad. In den Etappenorten ließ sie sich Stempel geben und pries die Ideale der Fahrt: Frieden und Völkerverständigung. Irgendwann war sie selbst berühmt: Als »Friedensfahrt-Omi«, die mit 90 noch ein paar Kilometer mitfuhr. Zur Feier ihres 95. Geburtstages vergangenes Jahr kamen die Weltmeister Täve Schur und Uwe Raab.

In ihrer Freizeit dichtete Charlotte Mehlhorn gerne: »Ob große oder kleine Strecke/ ob Halle, Prag, Berlin/ was ich mir einmal vorgenommen/ da komme ich auch hin.« Am Samstag ist sie mit 95 in Zschornewitz gestorben – ganz friedlich. Ihr Sohn Peter war bei ihr, so wie sie es gewollt hatte.

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