Wagenburg um den Verteidigungsminister

Während die Union ihren Star verteidigt, häufen sich Rücktrittsforderungen aus Politik und Wissenschaft

  • Lesedauer: 2 Min.
Der unter Druck geratene Verteidigungsminister zu Guttenberg wird heute nicht persönlich zur Fragestunde im Bundestag erscheinen. An der aktuellen Stunde will er dagegen teilnehmen.

Bayreuth/Berlin (ND-Schäfer). Die Rücktrittsforderungen an Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg werden lauter: Nachdem der CSU-Politiker am späten Montagabend angekündigt hatte, er werde auf den Doktortitel verzichten, hat etwa Linksfraktionschef Gregor Gysi den Rücktritt des – noch immer – populären Politikers gefordert.

Gysi gibt sich relativ sicher, dass es soweit kommen wird: »Sie werden den Rücktritt erleben, wann auch immer. Davon bin ich überzeugt«, so Gysi am Montag. Auch von anderen Seiten kommen Rücktrittsforderungen. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach etwa, selbst sogar Professor, nennt Guttenberg einen »sagen wir mal notorischen Schwindler«. Er sei untragbar. Kathrin Vogler, Abgeordnete der LINKEN im Bundestag, hat sogar Strafantrag gestellt: Guttenberg habe sich wegen »falscher Versicherung an Eides statt« und Titelbetruges strafbar gemacht – ihm drohten bis zu drei Jahren Haft.

Aber auch im nicht parteipolitischen Raum sorgt die offenbar weitgehend plagiierte Dissertation weiter für Unbehagen. Am Montag war es mit dem Düsseldorfer Professor Ulrich von Alemann ein staatstragendes Alphatier der westdeutschen Politologie, das Guttenberg zumindest vorerst nicht mehr im Amt sehen will: »Ich hätte es besser gefunden, wenn er sich in aller Bescheidenheit zwei, drei Jahre zurückziehen und eine Auszeit nehmen würde.«

CDU und CSU errichten derweil eine Wagenburg um den adligen Minister mit dem erschwindelten Doktortitel. An der heutigen Fragestunde zu der Causa im Bundestag werde der Minister nicht teilnehmen, kündigte etwa CSU-Landesgruppenchef Stefan Müller an. Die fünf Fragen, die dazu vorlägen, könnten ebenso gut durch die parlamentarischen Staatssekretäre beantwortet werden. Der von SPD und Grünen beantragten Aktuellen Stunde werde der Minister hingegen persönlich beiwohnen. Müller behauptet ferner, dass Guttenberg eine seinerzeit beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestages bestellte juristische Ausarbeitung, die in der Doktorarbeit auftaucht, für seine Parlamentsarbeit gebraucht habe. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Guttenberg erneut den Rücken gestärkt.

Die Uni Bayreuth, die dem Plagiat aufgesessen war, will das Manuskript nun in aller Ruhe prüfen. Man werde sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, so Unipräsident Rüdiger Bormann. Guttenbergs Angebot einer Titelrückgabe erleichtere aber die eigenständig zu fällende Entscheidung.

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