Stadtwerke wittern Chance

Kommunen und Städte hoffen auf Beteiligung an Energiewende

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Gemeinden und kommunale Unternehmen sehen die mögliche Rücknahme der Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke (AKW) als Chance für den Ausbau erneuerbarer Energien. Ihre Bereitschaft, Investitionen in Milliardenhöhe vorzunehmen, knüpften sie aber an Bedingungen.

Selbstbewusst forderten die Kommunen und Stadtwerke ihre Beteiligung an der Erarbeitung eines neuen Energiekonzepts. Nachdem die Atomkraft durch die Reaktorkatastrophe in Japan hierzulande in Frage gestellt wird, seien die Vertreter der lokalen Versorger und Verbände bereit, neue Milliardeninvestitionen zu tätigen. Voraussetzung dafür seien jedoch faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Energiekonzernen, teilten der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der Deutsche Städtetag (DST) sowie der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) gestern in Berlin mit.

Die Kommunen und Stadtwerke seien der »geborene Partner« für den Umbau des Energiesystems, erklärte Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des DST. Denn der Ausbau erneuerbarer Energien werde deutlich dezentralere Strukturen schaffen. Als Immobilienverwalter könnten die Gemeinden Ökostrom und Klimaschutz besonders fördern. Dabei helfe auch der Trend zur Rekommunalisierung.

Der Hauptgeschäftsführer des DStGB, Gerd Landsberg, verlangte mehr Verständnis bei den Bürgern, die zwar die AKW so schnell wie möglich abschalten, aber sich nicht mit neuen Stromleitungen anfreunden wollten. 3600 Kilometer neue Leitungen seien nötig. »Wir müssen die Bürger sehr viel früher informieren«, gab Landsberg zu bedenken und schlug etwa Werbespots in Kinos als Maßnahme vor, um die Bevölkerung zu überzeugen. Vielen sei jetzt noch nicht bewusst, dass im Grunde ein neues Stromnetz entstehen müsse, bei dem vor allem in die Verteilnetze investiert werde.

Ihre Verhandlungsposition sehen Städte und Gemeinden aber nicht nur durch das Moratorium zur Überprüfung der deutschen AKW gestärkt, sondern auch aufgrund der Landtagswahlergebnisse. »Ohne die Einschaltung des Bundesrates ist Energiepolitik nicht mehr möglich«, argumentierte Hans-Joachim Reck, der Hauptgeschäftsführer des VKU.

Die Stadtwerke und Kommunen gehen davon aus, dass sie die Kapazität ihrer Kraftwerke bis 2020 verdoppeln und damit den Anteil an der Energieerzeugung auf 20 Prozent erhöhen könnten. Dafür werden derzeit acht Milliarden Euro für rund 5000 Megawatt Stromerzeugung investiert. Das entspreche der Leistung von fünf mittleren AKW. Neben modernen Gas- und Kohlekraftwerken müssten auch Speicherstrukturen entstehen. Zudem sei es erforderlich, die Energieeffizienz zu steigern. In den 176 000 kommunalen Gebäuden seien 50 bis 60 Prozent der Energieausgaben einsparbar, schätzte Landsberg. Um diese Zielsetzungen zu erreichen, forderten die Verbände die Bundesregierung zu Gesprächen auf.

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