BLOGwoche: Medien und Lynchjustiz

  • Roberto De Lapuente
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Medien haben aus ihrer hektischen Eile gelernt. Nachdem ein unschuldiger Jugendlicher zu einem Täter wurde, man ihn zum Kindermörder machte, berichten sie jetzt von einem geständigen jungen Mann. Und da mit dem Mord ein älteres Vergehen offenbar wurde, fragen sie nun betroffen: Hätte man den Kerl nicht eigentlich schon vorher haben müssen? Eine DNS-Analyse ergab, dass der junge Mann möglicherweise vorher schon Sexualstraftaten begangen hat. Konnte man seiner denn nicht vor dem Mord habhaft werden, ist die fragende Reaktion der Medien darauf. So fragen auch die ZDF-Nachrichten. Warum hatte man ihn nicht vorher schon des Mordes überführt, bevor er den Mord begangen hat? Man hatte doch seine DNS schon.

Was sie jedoch nicht sagen: Es gab keinen Vergleichswert. Da ist natürlich die DNS-Kartei wieder im Gespräch. Und warum, man nebenher festgestellt, die Medien dauernd von DNA sprechen, von -A für acid, kein -S für Säure verwenden, kann wohl auch nicht geklärt werden.

Natürlich wussten die ZDF-Nachrichten, dass das Versehen, einen falschen Tatverdächtigen zu einem Täter gemacht zu haben, zu einen Täter, mit dem man böse wurde, weil er einfach nicht gestehen wollte - natürlich wusste das ZDF, dass man dieses Versehen dem Internet, Facebook und dem sich dort formierenden Mob zu verdanken habe. Die eigene Rolle - reden wir mal nicht von Springer - in diesem Spiel bleibt verdeckt. Hat denn das ZDF nicht bewegte Bilder eines Mannes gezeigt, der abgeführt wird und waren dabei nicht deutlich Rufe wilder Mütter und Väter zu hören, die schimpften, die Monster! riefen? Ist das etwa kein tendenziöses Ausstrahlen gewesen? Hat man da nicht Bild- und Tonmaterial verwendet, das die Tendenz aufwies, es hier mit dem Mörder zu tun zu haben?

Der Autor ist Publizist und betreibt das Weblog ad sinistram; zum Weiterlesen: www.ad-sinistram.blogspot.com

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