Votum mit Spätfolge - vielleicht

Sachsen-Anhalts SPD-Basis will Kennzeichnungspflicht für Polizisten

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Die SPD-Basis in Sachsen-Anhalt plädiert dafür, dass Polizisten bei Demonstrationen mit Namen oder Nummern gekennzeichnet werden. Doch die Genossen werden sich gedulden müssen - wegen der Koalitionsdisziplin. In Magdeburg regieren CDU und SPD gemeinsam.

Das Votum ist mehr als eindeutig: Mit deutlicher Mehrheit hat sich die SPD-Basis in Sachsen-Anhalt für die Kennzeichnung von Polizisten in geschlossenen Einsätzen, etwa bei Demonstrationen oder Fußballspielen, ausgesprochen. Beim ersten Mitgliederentscheid in der Geschichte des Landesverbandes votierten fast 58 Prozent der Teilnehmer für einen solchen Schritt. Beteiligt hatten sich 40 Prozent der 4014 Genossen im Land.

Die SPD-Landeschefin Katrin Budde bezeichnete die Abstimmung als »grandiosen Erfolg«. Allerdings müssen sich die Genossen gedulden, denn mit einer schnellen Umsetzung der Forderung ist nicht zu rechnen. Zwar solle es jetzt Gespräche mit dem Koalitionspartner CDU geben. Doch könne man die Kennzeichnung »nicht einklagen«, sagte Budde. Der bisher auch in der SPD stark umstrittene Punkt hatte keine Aufnahme in den 2011 zwischen beiden Parteien ausgehandelten Koalitionsvertrag gefunden. Einem von den Grünen eingebrachten und von den LINKEN unterstützten Gesetzentwurf, der die Kennzeichnung verlangt und im Moment in Ausschüssen des Landtags beraten wird, werde die SPD daher nicht zustimmen: »Der Koalitionsvertrag ist für uns bindend«, sagte Budde. Bei der Frage der Kennzeichnung handle es sich vielmehr um ein »Langfristvorhaben«.

Immerhin: Die teils harten Debatten innerhalb der Partei hält die SPD-Landeschefin nun für beendet. Auf Druck nicht zuletzt des Parteinachwuchses hatte sich die SPD auf einem Parteitag 2009 knapp für die Pflicht zum Namensschild ausgesprochen. Ein Jahr später war jedoch in einem ebenso engen Votum entschieden worden, die Forderung nicht in das Wahlprogramm für die Landtagswahl 2011 aufzunehmen.

Mit dem jetzigen Entscheid sieht Budde die Frage eindeutig geklärt: »Das ist jetzt für uns entschieden.« In künftigen Verhandlungen, etwa über eine neue Koalition im Jahr 2016, wolle die SPD nun energisch auf eine Kennzeichnung drängen. Strittig ist im Land ohnehin nur die Kennzeichnung von Beamten in geschlossenen Einsätzen. LINKE und Grünen wollen, dass die Polizisten dabei Schilder tragen, auf denen zum Beispiel klar zuzuordnende Nummern stehen. So würden Bürger vor Polizeiwillkür und Polizisten vor einem Generalverdacht geschützt, hatte etwa der Grüne Sebastian Striegel einst im Landtag begründet. Eine »geringe Zahl polizeilicher Übergriffe« könnten besser aufgeklärt werden, ohne das pauschale Anwürfe die Polizisten als »anonyme Vertreter der Staatsmacht« treffen, sagte die Linkspolitikerin Gudrun Tiedge.

Die CDU lehnt das aber strikt ab; sie befürchtet, die Beamten könnten bedroht werden. Nur die namentliche Kennzeichnung von Streifenbeamten hatte CDU-Innenminister Holger Stahlknecht kürzlich per Verordnung verfügt.

In Sachsen-Anhalts SPD hat man also jetzt entschieden - und Appetit auf mehr Basisdemokratie bekommen. Der Mitgliederentscheid, nach Buddes Angaben der erste zu einer Sachfrage überhaupt in der SPD, »macht Mut« für weitere Befragungen, sagte Budde. Der nächste steht schon vor der Tür: Die SPD in Sachsen hat angekündigt, die Basis dazu zu befragen, ob eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufgenommen werden soll.

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