Extrem unsportlich

Innenministerium diskutiert über »Demokratieerklärung« bei Sportförderung

  • Peter Sonntag
  • Lesedauer: 2 Min.
Wir wollen keine Gesinnungsschnüffelei, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister. Bei uns gibt es keine Versäumnisse, sagt die Landesregierung. Vergesst nicht den Linksextremismus, heißt es aus dem Bundesinnenministerium, wo man über eine Extremistenklausel für die Sportförderung diskutiert.

Im Bundesinnenministerium wird über die Einführung einer »Demokratieerklärung« in der Sportförderung diskutiert. Darin könnten politische Grundhaltungen abgefragt werden. Nach einem Bericht der »Leipziger Volkszeitung« will das Ministerium, das auch für den Sport zuständig ist, seine Förderrichtlinien ändern. Es gehe in den Debatten um eine turnusmäßige Überprüfung und gegebenenfalls eine Anpassung der Sportförderrichtlinien, sagte ein Sprecher auf nd-Anfrage. Ob und wie die Demokratieerklärung überhaupt eingeführt werde, sei noch unklar. Mit dem Fall der Ruderin Nadja Drygalla habe das nichts zu tun, betonte der Sprecher.

Der beschäftigte gestern die rot-schwarze Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns. Die Sportlerin hatte wegen ihrer Beziehung zum ehemaligen NPD-Funktionär und Kameradschafter Michael Fischer das Olympische Dorf vorzeitig verlassen. In der Kabinettssitzung ging es darum, wer was und wann wusste. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) wies Vorwürfe zurück, er habe Informationen zurückgehalten. Das Innenministerium wusste seit 2011 von der Beziehung Drygallas, die ihre Ausbildung im Polizeidienst deswegen abbrechen musste. Die Sportverbände seien stets im Bilde gewesen, sagte Caffier. Der Landessportbund hatte Kommunikationsfehler eingestanden, da der Deutsche Olympische Sportbund nichts wusste.

Eine Konsequenz aus der Beratung ist die Forderung der Landesregierung nach klaren Richtlinien von Sport und Politik an deutsche Olympiateilnehmer. »Und wir sind der Meinung, dass eine Beziehung allein nicht reicht, sondern dass es auf den Menschen selbst ankommt, was er getan hat«, sagte Regierungschef Erwin Sellering (SPD). Caffier lehnte eine stärkere Überprüfung von Spitzensportlern und ihrem Umfeld als »Gesinnungsschnüffelei« ab.

Drygalla hatte sich - nachdem ihre Beziehung den Weg in die Schlagzeilen gefunden hatte - von rechtsextremem Gedankengut distanziert. Aber sowohl daran als auch am Szeneausstieg ihres Partners werden immer wieder Zweifel laut. Der Journalist und Rechtsextremismusexperte Frank Jansen sagte dem Nachrichtensender N24: »Wer weiß, wie Neonazis ticken, dem ist bewusst, dass Neonazis durch und durch autoritär strukturierte Personen sind, die abweichende politische Meinungen in ihrem direkten Umfeld nicht dulden. Insofern ist es sehr zweifelhaft, dass Frau Drygalla tatsächlich so komplett anderer Auffassung war oder ist als ihr Freund.«

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