Räume für Obdachlose gesucht

Schöneberger Tagesstätte in der Hohenstaufenstraße gekündigt

  • Klaus Teßmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein wichtiges Angebot für obdachlose, wohnungslose und von Armut betroffene Menschen ist jetzt selbst bedroht. Zum Jahresende wurde der Schöneberger Tagesstätte für Wohnungslose der Mitvertrag in einem privaten Wohnhaus in der Hohenstaufenstraße 22 gekündigt. Das Haus soll modernisiert werden und die angekündigte Mieterhöhung kann die Tagesstätte nicht mehr bezahlen.

Doch der Leiter der Einrichtung Christian Nawrath ist voller Hoffnung, dass sich bis zum Jahresende noch geeignete Räume finden werden. Seit 22 Jahren leistet der Treffpunkt eine wichtige soziale Arbeit, die über den Bezirk hinausgeht. Die Einrichtung ist ein Projekt des Unionhilfswerkes und wird vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg finanziell unterstützt. An 258 Öffnungstagen kommen täglich zwischen 60 und 80 Gäste in das Haus. Auf rund 200 Quadratmetern gibt es zwei große Aufenthaltsräume, die Kleiderkammer, sanitäre Einrichtungen für Männer und Frauen und seit zwei Jahren auch eine Fahrradwerkstatt.

»Wir bekommen fast täglich Kleiderspenden«, berichtet Christian Nawrath. »Der benachbarte Bäcker und andere Unternehmen aus der unmittelbaren Umgebung unterstützen unsere Arbeit.« Außerdem wird die Tagesstätte täglich von der Berliner Tafel beliefert. Wohnungslose oder arme Menschen werden mit Lebensmitteln versorgt, sie können ihre Wäschen waschen, sich in der Kleiderkammer mit neuer Bekleidung versorgen oder duschen.

»Die Hürde soll so gering wie möglich sein«, erklärt Nawrath das Prinzip. Kein Besucher muss einen Namen nennen oder einen Ausweis vorlegen. »Die Besucher können einfach zu uns kommen.« Er weiß, dass es oft sehr viel Überwindung kostet, überhaupt so eine Einrichtung zu betreten. Er geht davon aus, »jeder, der kommt, hat auch einen Bedarf«. So berät Christian Nawrath, stellt Kontakte zu Ämtern oder anderen sozialen Einrichtungen her. Für die Besucher soll es eine Begegnungsstätte sein, in der sie sich ausruhen können. Sie können spielen, Radio und Fernsehen benutzen oder sich mit anderen Gästen unterhalten. Fast alles ist kostenlos. Nur für das Waschen der Wäsche und das Mittagessen am Samstag wird ein kleiner Beitrag von einem Euro fällig. »Mit Hilfe von Spendengeldern konnten wir im vergangenen Jahr sogar einen Ausflug nach Dresden zum Striezelmarkt organisieren«, erzählt Nawrath. Erstmalig im vergangenen Winter öffnete sich die Einrichtung aufgrund der extremen Kälte zudem als Notübernachtung.

»Obwohl dieses Angebot nicht zu den Pflichtaufgaben des Bezirks gehört, helfen das Bezirksamt und die Parteien in der BVV uns sehr«, ist Christian Nawrath dankbar. Bezirksstadträtin, Anka-Sibyll Klotz (Grüne) richtet eine dringende Bitte an Vermieter in Tempelhof-Schöneberg: »Gesucht werden rund 200 Quadratmeter Fläche, damit diese überaus wichtige Arbeit auch über das Jahr 2012 hinaus fortgeführt werden kann.« Die Stadträtin verweist darauf, dass in der Begegnungsstätte engagierte Mitarbeiter im Laufe der letzten 22 Jahre eine wichtige Einrichtung aufgebaut haben für Menschen, »die als Hartz IV-Empfänger an ihren existenziellen Grenzen« sind. Dieses Engagement »das soll nicht umsonst gewesen sein.« Anka-Sibyll Klotz bittet Vermieter im Bezirk, »helfen Sie uns bei unseren Hilfeangeboten«.


Spenderfest am 31. August von 15 bis 18 Uhr, Hohenstaufenstr. 22, Schöneberg

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