Obama droht Assad mit Angriff

USA-Präsident macht Einsatz syrischer Chemiewaffen zur »roten Linie«

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.
Erstmals hat Präsident Barack Obama offen eine militärische Intervention der USA in Syrien erwogen - falls chemische oder biologische Waffen zur Gefahr für Verbündete wie Israel werden sollten.

Barack Obama hat eine »rote Linie« gezogen: »Wir dürfen nicht in die Situation kommen, dass chemische oder biologische Waffen in die falschen Hände fallen«, sagte er jetzt vor Journalisten in Washington. Gemeint sind Gruppen wie die islamistische Hisbollah in Libanon. Bisher habe der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte noch kein militärisches Eingreifen angeordnet. Sollten aber »eine ganze Menge chemischer Waffen bewegt oder eingesetzt werden«, dann würde das »meine Kalkulationen entscheidend verändern«.

Syrien soll nach Expertenschätzung das größte C-Waffen-Arsenal im Nahen Osten besitzen, darunter Senfgas, Tabun und das Nervengas Sarin. Damaskus sah sich zu einem »asymmetrischen« Wettrüsten veranlasst, weil man Atomwaffen in Israel vermutete. Begonnen hat es im Jom-Kippur-Krieg 1973, als Kairo dem Verbündeten Artilleriegeschosse und Bomben mit chemischen Kampfstoffen lieferte. Für das eigene militärische Forschungsprogramm erhielt Syrien später nicht nur aus der Sowjetunion und aus Iran Unterstützung, sondern auch aus Frankreich und der BRD.

Mitte Juli sorgten die C-Waffen für Schlagzeilen, als das »Wall Street Journal« berichtete, die Regierung lasse sie aus den Lagern holen. Überläufer schürten die Angst, Präsident Baschar al-Assad könnte sie im Bürgerkrieg nutzen. Damaskus dementierte umgehend: Syrien werde unter gar keinen Umständen, egal wie sich die Krise entwickelt, chemische oder biologische Waffen einsetzen. Am Dienstag wurde Obamas Drohung über die staatliche Nachrichtenagentur Sana als leeres Wahlkampfgeschwätz zurückgewiesen.

Moskau warnte die USA indirekt vor einem militärischen Alleingang. Russland lege viel Wert darauf, dass internationales Recht und die UN-Charta nicht verletzt würden, so Außenminister Sergej Lawrow gestern. Allerdings sind die USA längst über Worte hinaus in den Bürgerkrieg involviert. So koordiniert Washington etwa Waffenlieferungen an die Aufständischen aus Saudi-Arabien und Katar und unterstützt sie mit Kommunikationsmitteln wie Geheimdienstinformationen. Schon vor Monaten habe Obama der CIA erlaubt, in Syrien aktiv zu werden, enthüllte der Nachrichtensender CNN kürzlich. Den Republikanern aber reicht das nicht, sie machen im Wahlkampf Druck. Senator John McCain z.B. fordert seit Langem Luftschläge gegen Assads Verbände und Stellungen.

Während syrische Regierungstruppen nach Angaben der Rebellen am Dienstag landesweit erneut 60 Menschen getötet haben sollen, signalisierte Vize-Regierungschef Kadri Dschamil gestern in Moskau erstmals die Bereitschaft, sogar über einen Rücktritt von Staatschef Assad zu verhandeln. Seite 7

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