»Es ist nicht allein Donald Trump …

Kathrin Gerlof beobachtet, wie der DGB sich in der postfaktischen Umweltdebatte eingerichtet hat

  • Kathrin Gerlof
  • Lesedauer: 3 Min.

… der sich im postfaktischen Zeitalter eingerichtet hat, sondern der größte Teil der politischen Eliten. Auch in Europa. Und ein Teil der Bevölkerungen auf beiden Teilen des Atlantiks unterstützt sie dabei.« Rajendra Pachauri war mal Vorsitzender des UN-Klimarates. Das ist ein ganz übler Job. Niemand hört zu, wenn man etwas sagt.

In fünf Tagen beginnt der Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der macht sich, das ist sein Job, um die Zukunft der Arbeit Gedanken. Dabei muss und darf er sich keine Platte um die Zukunft des Planeten machen. Das ist der Job und das Leben der Anderen. Bei Gewerkschaften weiß man eine Menge über Arbeitsteilung - dein Bier, mein Bier und so. Wir kümmern uns um gute Arbeit, irgendwelche Fuzzis, die wahrscheinlich nicht arbeiten, werden doch wohl bitteschön im Gegenzug was fürs Klima tun können.

(Kleiner Einschub am Rande und völlig losgelöst von der Erde: Heute ist der 8. Mai und es ist an der Zeit, dass dieser Tag ein Feiertag wird.)

Also Bundeskongress DGB, Zukunft und natürlich geht es dann auch um das Thema Energie, Klima, Verkehr. Das klingt irreführend, so als sorgte man sich um das Klima und befürchte einen Verkehrskollaps, der uns gleich auch noch die Atmosphäre mitversaut. Dem ist nicht so. Andererseits geht es auch nicht, dass man sich zumindest öffentlich so gar nicht um den ganzen Ökokram kümmert.

Der Bundesvorstand wird also einen Antrag einbringen, in dem steht, dass der DGB die Klimaziele von Paris unterstützt. Noch kurz zuvor, immerhin, auch wenn uns das den Arsch nicht retten wird, war der Vorstand der Meinung, der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung müsse unterstützt werden. Nun hat er wohl festgestellt, dass es viel besser ist, sich auf die völlig unverbindlichen Nicht-Aussagen des Pariser Abkommens zu beziehen. Ihm ist nämlich klar geworden, dass der Klimaschutzplan »Zielkonflikte« auslöst und dass es »für deren Bearbeitung bisher noch zu wenig adäquate Instrumente gibt«. (Die »taz« hat den Sinneswandel, der keiner ist, weil der DGB-Vorstand ja auch vorher keine Öko-Truppe war, öffentlich gemacht, die ersten Petitionen und Proteste sind erfolgt. Wird nicht reichen, aber danke!) Man müsste dem DGB also erst einmal die Instrumente zeigen, damit der darüber nachdenkt, was fürs Klima zu tun.

Gewerkschaften sind so eine Sache. Sie müssen Vollbeschäftigung wollen. Denken sie. Und zwar egal, wie der Job heißt. Die Bergbau- und Energiegewerkschaft IG BCE, die mit dem DGB-Vorstand wohl ein bisschen geschimpft hat, lehnt so ziemlich jedes Klimaschutzziel ab. Die will, dass ihre Leute auch noch Kohle fördern, wenn wir alle tot sind. Mal im übertragenen Sinne gesprochen. Und es bleibt ja der beruhigende Gedanke, dass es erst die Anderen, da fern irgendwo, mit dem Klimawandel trifft. Die Hälfte aller CO2-Emissionen in Deutschland verursacht die Energiewirtschaft und von der Hälfte der größte Teil die Kohle.

Als unser damaliger Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (das ist der, der die Rüstungsexporte erheblich senken wollte, aber lassen wir das, jeder kann sich mal vertun) 2015 den Versuch unternahm, den Kohlekraftwerken Klimaabgaben zu verordnen, hatte er die IG BCE aber ganz krass auf dem Hals. Und verloren hat er auch.

So eine Gewerkschaft ist auf jeden Fall konservativer und im schlimmsten Fall schlimmer als zum Beispiel die Allianz Versicherung (die auch überhaupt nicht nett ist). Die hat nun angekündigt, keine Versicherungen mehr für die Errichtung und den Betrieb von Kohlekraftwerken und -minen abzuschließen. Und 2040 will sie ganz aus dem Kohlegeschäft aussteigen.

Um noch mal auf den einstigen Vorsitzenden der UN-Klimakonferenz zurückzukommen: Der DGB hat sich möglicherweise im postfaktischen Zeitalter eingerichtet. Hier ist und bleibt es - ein blöder Joke ist gerade gut genug - schön warm und kuschlig.

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