Ein anderes Wort für Transitzentrum

SPD, CDU und CSU einigen sich auf ein Asylpaket

Die Zahl Fünf wird jetzt wie ein Schlagwort genannt. Derzeit wären es durchschnittlich fünf Asylbewerber am Tag, die nach dem Willen der Großen Koalition so schnell wie möglich ausgewiesen werden sollen. Darauf einigten sich die Unionsparteien und die SPD in einem am Donnerstagabend beschlossenen Asylpaket.

Nicht mehr von Zehntausenden im Jahr ist demnach die Rede, die an der deutschen Grenze abgewiesen werden sollen, weil sie bereits in einem anderen EU-Land registriert worden sind. Künftig soll es nur noch jene Leute betreffen, die an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden und in einem Mitgliedstaat der EU bereits einen Asylantrag gestellt haben.

Bundespolizei zuständig

Voraussetzung dafür ist, dass es mit dem diesem EU-Staat ein entsprechendes Rücknahmeabkommen gibt. Zuständig für die Abschiebung soll die Bundespolizei sein. Sie regelt auch die Unterbringung der Aufgegriffenen in bereits bestehenden Polizeieinrichtungen in Grenznähe. Dort sollen die Geflüchteten nicht länger als 48 Stunden bleiben. Von einem Transitzentrum ist nicht mehr die Rede - die SPD beharrte darauf, den Wortlaut zu streichen.

Für jene Schutzsuchenden, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert worden sind, sollen beschleunigte Verfahren in sogenannten AnKER-Zentren durchgeführt werden, also jenen geplanten Sammellagern, in denen Flüchtlinge künftig das gesamte Asylverfahren durchlaufen sollen. Ein Bleiberecht haben gemäß dem Dublin-III-Abkommen nur minderjährige Geflüchtete und jene mit Familienmitgliedern in Deutschland. Die Verfahren in den Zentren für die bereits anderswo Registrierten sollen ebenfalls beschleunigt werden und nur wenige Tage dauern. Rückführungen darf künftig auch der Bund durchführen, sofern die Länder dies wünschen.

Abkommen über Rücknahmen

Auch für solche Abschiebungen braucht die Bundesregierung Verwaltungsabkommen mit anderen Mitgliedstaaten. Auf dem EU-Gipfel Ende Juni traf sie bereits mehrere Grundsatzvereinbarungen. Anfangs war von 14 solcher Absprachen die Rede - darunter mit Polen, Tschechien und Ungarn, die allerdings umgehend dementierten. Auch Österreich wies bereits darauf hin, keine Asylbewerber aus Deutschland aufzunehmen, wenn es für diese nicht zuständig ist.

Ferner beinhaltet das von der Großen Koalition vereinbarte Asylpaket eine personelle Aufstockung des Flüchtlingsbundesamts (BAMF). Insbesondere der Dublin-Bereich soll dort erheblich verstärkt werden. Inwieweit dies über die ohnehin geplanten zusätzlichen 1650 Stellen und der Entfristung von knapp 4500 Stellen hinausgeht, ist jedoch unklar.

Das Asylpaket sieht außerdem vor, den Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex zu unterstützen. Darauf hatte sich bereits der EU-Rat auf dem Brüsseler Gipfeltreffen verständigt. Ferner soll stärker gegen den europaweiten Visumsmissbrauch vorgegangen werden, wozu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits am Wochenende angeregt hatte. Und auch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll auf Drängen der SPD noch in diesem Jahr ausgearbeitet werden. Dieses Vorhaben steht bereits im Koalitionsvertrag - um den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland zu »ordnen« und zu »steuern«, wie es heißt. Das sind zwei weitere Leitworte, die Regierungsvertreter in diesen Tagen oft benutzen.

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