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Besser geht’s nicht

Die deutsche Leichtathletik feiert sich in Berlin, auch wenn andere manchmal besser sind

Als der erste weiße Blitz hell am schwarzen Berliner Nachthimmel zu sehen war, standen acht Frauen vor ihren Startblöcken. Die Abendveranstaltung auf der Europäischen Meile am Breitscheidplatz war zuvor wegen Unwetterwarnungen abgesagt worden, doch immerhin ging im Olympiastadion auch das letzte Finale dieser Leichtathletik-Europameisterschaften am Donnerstag über 100 Meter Hürden noch trocken über die große Bühne.

Der ganz große Schlussjubel am dritten Finalabend blieb aber aus. Mit Ricarda Lobe, Cindy Roleder und Pamela Dutkiewicz standen drei deutsche Läuferinnen am Start. Chancen auf den Titel rechnete sich vor allem die Mannheimerin Dutkiewicz aus. Aber auch Roleder ging mit viel Hoffnung ins Rennen, die Chemnitzerin war schließlich Titelverteidigerin. Der Lärm nach dem Startschuss war ohrenbetäubend. Als aber die erst 21-Jährige Elvira Herman nach ungefähr 60 Metern an Dutkiewicz vorbeizog, sank der Stimmungspegel von Meter zu Meter. Die Überraschungssiegerin aus Belarus kam nach 12,67 Sekunden ins Ziel und feierte ihren Europameistertitel, dann kam der Regen.

Eine kleine Party wurde es dennoch. Auch weil die knapp geschlagenen deutschen Läuferinnen Dutkiewicz (12,72) und Roleder (12,77) nicht dem verpassten Gold hinterher trauerten, sondern sich über Platz zwei und drei wirklich freuten. »Vizeeuropameisterin, das hört sich doch richtig gut an«, meinte Dutkiewicz. Und für Roleder war es sogar »das Schönste, sich hier eine Medaille abzuholen«.

Das Hier und Jetzt war das Olympiastadion. Egal welche Aktiven man fragt, alle sind begeistert von der Stimmung bei diesen Europameisterschaften. Für einen geht’s gar nicht besser. »Berlin, das ist die schönste und geilste EM, die ich in meiner Karriere erleben werde«, sagte Thomas Röhler. Kurz bevor die Hürdenläuferinnen Silber und Bronze gewannen, hatte der 26-jährige Speerwerfer die zweite Goldmedaille für das deutsche Team geholt.

Obwohl der Mann aus Jena Olympiasieger ist, selbstverständlich war der Europameistertitel nicht. Vor allem, weil die nationale Konkurrenz so stark ist. Die weltweit neun weitesten Würfe in diesem Jahr kommen alle von Deutschen: Röhler, Andreas Hofmann und Johannes Vetter. Sie sind alle auf einem ähnlichen Niveau - und die einzigen, die 2018 die 90-Meter-Marke übertroffen haben. Und so freute sich Hofmann auch über Platz zwei: »Leistung gebracht, Silber gewonnen - top!«

Mit 89,47 Metern feierte Röhler einen verdienten Sieg, er hatte fast zwei Meter Vorsprung auf Hofmann (87,60). »Ich glaube, heute habe ich gewonnen, weil ich einfach fokussiert geblieben bin«, erklärte er. Und das ist eben nicht ganz so einfach. Die Kulisse, am Donnerstagabend waren wieder knapp 40 000 Zuschauer gekommen, kann gerade für die einheimischen Athleten nicht nur Motivation, sondern auch großer Druck sein. Wie für Johannes Vetter. Der Weltmeister war mit 92,70 Meter als Weltjahresbester in den Wettkampf gegangen - und wurde mit 83,27 Meter letztlich nur Fünfter. Bronze ging an den Esten Magnus Kirt (85,96).

Vetter scheiterte an seinen Nerven, bekam sich, seine Technik und den Speer nie wirklich unter Kontrolle. Nach dem Verpassen des erhofften Dreifachtriumphs und seiner ganz persönlichen Niederlage verabschiedete sich der 25-Jährige enttäuscht: »Ich brauche jetzt erst mal etwas Abstand.«

Auf die Ehrenrunde, bei der Vetter »sehr gern dabei gewesen wäre«, gingen dann nur Röhler und Hofmann. Dass es da schon in Strömen schüttete, spielte keine Rolle. Röhler hatte seinen Titel zuvor schon mit einem Bad im Wasser des Hindernisgrabens genossen. Und weil die Veranstalter die Besucher baten, ob des Unwetters im sicheren Stadion zu bleiben, feierten die Speerwerfer zusammen mit den Hürdenläuferinnen und den Fans noch eine etwas längere Party.

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