«Wenn alle einen nehmen ...»

Das Integrationsjahr: Die IG Metall stellte ein neues Konzept für die Integration anerkannter Geflüchteter vor

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Bis zu 380 000 Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind und Asyl erhielten oder subsidiär geschützt sind, sollen 2017 in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das ist machbar, sagt die IG Metall.

Ein Integrationsjahr soll eine Lösung sein - ein Jahr, in dem Geflüchtete mit dauerhafter Bleibeperspektive in tariflich abgesicherten Arbeitsverhältnissen neben der Arbeit im Betrieb weiter qualifiziert werden, sprachlich und auch beruflich. Das ist zusammengefasst das Integrationskonzept, das Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall (IGM), am Donnerstag in Berlin vorstellte.

Unternehmen sollen dafür einen Eingliederungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erhalten. So hätten alle etwas davon. «Wenn wir wollen, dass Menschen integriert werden, dann brauchen wir Angebote», sagte Hofmann und: «Die beste Integration erfolgt durch Arbeit.» Um eine Integration in «unseren sehr ausdifferenzierten und komplexen Arbeitsmarkt zu finden», brauche es «stimmige Einstiegsmodelle». Das von der IG Metall jetzt geforderte Integrationsjahr soll auch anderen am Arbeitsmarkt Benachteiligten offen stehen, betonte der Gewerkschafter, konkret also beispielsweise für Langzeitarbeitslose. Flüchtlinge würden nicht anders als andere behandelt, und es würde auch niemand durch das Integrationsjahr verdrängt. Sonderregeln für Geflüchtete gebe es auch nicht, sondern bereits bestehende Regelungen würden angewandt und ausgeweitet, betonte Hofmann.

Konkret sind das bereits bestehende Eingliederungsmodelle der BA sowie tarifliche Regelungen, etwa zur Teilzeit, um Arbeit und Qualifikation verbinden zu können. Denkbar wäre ein Modell, in dem Geflüchtete vier Tage in der Woche im Betrieb arbeiten und einen Tag die Berufs- oder Sprachschulbank drücken.

Nach Schätzung der Bundesregierung werden ungefähr die Hälfte der rund eine Million Menschen in Deutschland bleiben. «Nach aktueller Auskunft der Bundesagentur für Arbeit werden dem Arbeitsmarkt durch die Geflüchteten rund 380 000 Menschen zusätzlich zur Verfügung stehen können», schrieb die IGM. Die genauen Zahlen sind indes schwer vorhersehbar. Nach dem derzeitigen Stand der Bundesagentur steigt die Zahl der erwerbslosen Flüchtlinge in diesem Jahr um 70 000 bis 210 000 Personen. Im Mittel rechne man mit 130 000 Menschen für 2016, hieß es aus der BA gegenüber «nd».

Dass die Zahlen so schwer zu bestimmen sind, liegt auch daran, dass etwa geduldete Geflüchtete nach drei Monaten arbeiten dürfen - theoretisch. Denn die Arbeitsgenehmigung muss bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden. Überdies haben bei der Jobvergabe Deutsche, EU-Ausländer und Ausländer mit Aufenthaltsrecht die ersten 15 Monate Vorrang.

«Wenn wir wollen, dass die Menschen integriert werden, dann brauchen wir Angebote. Die Möglichkeiten der Eingliederungshilfe seien bereits nach dem Sozialgesetzbuch III vorgesehen und müssten bloß angepasst werden, so Hofmann, und: »Die Skalierung des Themas lässt das auch als möglich erscheinen.« Im Jahr 2015 seien rund 700 000 sozialversicherungspflichtige Jobs entstanden und würde etwa von den rund 580 000 Handwerksbetrieben in Deutschland , »die alle nach Fachkräften schreien, jeder einen nehmen«, wären die Probleme gelöst, so der Gewerkschafter.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte gegenüber »nd«: »Wir begrüßen die guten Impulse und freuen uns über die wertvolle Unterstützung der IG Metall in der Integration von Flüchtlingen.« Die von der IGM vorgeschlagene Einführung eines Integrationsjahres sei rechtlich bereits möglich, hieß es aus dem Ministerium. Das »erfordert aber eine enge Abstimmung zwischen Arbeitgeber und Maßnahmeträger sowie den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit der begünstigten Person«. Allein in diesem Jahr stünden für die Förderung älterer geringqualifizierter Beschäftigter 280 Millionen Euro zur Verfügung.

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