Abschiebeknast light

Ex-Gewahrsam in Köpenick soll nach Umbau als Unterkunft mit Gittern betrieben werden

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Weil der Gefängnischarakter erhalten bleibt, steht das Deutsche Rote Kreuz nicht als Betreiber für eine Notunterkunft für Flüchtlinge in dem ehemaligen Abschiebeknast in Köpenick zur Verfügung.

Die Idee schien einfach wie genial. Seit Jahren kostete das Abschiebegefängnis in Köpenick die Öffentliche Hand und das Land Berlin jährlich rund zwölf Millionen Euro, über 150 Beamte waren für nur wenige Insassen zuständig. Was läge also näher, als das Gebäude in eine Notunterkunft für Flüchtlinge umzuwandeln? Das dachte sich unter anderem auch die Linkspartei, die eine Umwidmung zur Flüchtlingsunterkunft im vergangenen Jahr vorschlug. »Anders als in Turnhallen gibt es einzelne Zimmer und Küchen«, sagt der Abgeordnete Carsten Schatz (LINKE). Nach einer Prüfung durch die Sozialverwaltung von Senator Mario Czaja (CDU) ließ sich auch der Senat auf das Vorhaben ein. Ende September vergangenen Jahres verließ der letzte Häftling das Abschiebegefängnis. Die Polizei übergab die Einrichtung an die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM).

Doch die Wiedereröffnung als Notunterkunft mit 260 Plätzen in den Blöcken des ehemaligen Abschiebegefängnisses, die für Januar avisiert war, wird sich bis in den März verzögern. Das ursprünglich als Betreiber vorgesehene Deutsche Rote Kreuz Müggelspree e. V. wird die Einrichtung nicht übernehmen. »Wir sind nicht abgesprungen, sondern wir standen für einen Betrieb einer Einrichtung mit Gefängnischarakter nicht zur Verfügung«, sagt der Vorstandsvorsitzende und Kreisgeschäftsführer des DRK Müggelspree, Norman Preckel, dem »nd«. Während des Umbaus des ehemaligen Abschiebegefängnisses habe man Abstand davon genommen, die Gitter zu entfernen. Dazu habe man bereits im November des vergangenen Jahres seine Bedenken geäußert, so der DRK-Kreisgeschäftsführer. Außerdem habe es Gerüchte gegeben, dass nur solche Leute in Köpenick untergebracht werden sollen, die zur Abschiebung vorgesehen sind.

Ist der Senat also dabei, in Köpenick klammheimlich eine Art »Abschiebeknast light« zu errichten, wie es mittlerweile auch Carsten Schatz befürchtet? Der Linkspartei-Abgeordnete selbst will sich in der kommenden Woche selber bei einem Besichtigungstermin mit der BIM ein Bild vor Ort machen.

Fest steht, das geht aus der Antwort auf eine Schriftlichen Anfrage der Linksfraktion aus dem Dezember vergangenen Jahres hervor, dass zwar der Abbau der Gitter der Fluchtwege vorgesehen ist, aber die sonstigen Gitter erhalten bleiben sollen. »Die Entfernung aller Gitter vor den Fenstern ist bisher nicht vorgesehen, weil die Räume durch die großformatigen Fensterelemente einen gefängnisuntypischen, weitläufigen Charakter bekommen«, erklärte Sozialstaatssekretär Dirk Gerstle seinerzeit in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage. Nach der Herrichtung für die Inbetriebnahme sollen immerhin der Stacheldraht entfernt und die Türen ausgetauscht werden. Ein Abbruch von Gefängnismauern sei nicht vorgesehen. Und tatsächlich plant der Senat, dort »Personen aus sicheren Herkunftsländern« unterzubringen. Wie die aktuellen Pläne sind, blieb am Freitag unklar. Die Senatsverwaltung verwies auf die andauernden Bautätigkeiten und die Eröffnung im März. Eine telefonische Nachfrage bei der BIM blieb unbeantwortet.

Aus dem Bezirksamt Treptow-Köpenick hieß es, dass es derzeit noch vier Bewerber für den Betrieb der Notunterkunft gibt. Das habe das »Landesamt für Gesundheit und Soziales« mitgeteilt. Sollten die Innengitter tatsächlich bleiben, sagt auch Carsten Schatz, dass das für eine Notunterbringung nicht in Ordnung sei.

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