Geheimort Mariam-Moschee

In Dänemark eröffnet ein islamisches Gebetshaus nur für Frauen

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Frauen sind in Moscheen den Männern untergeordnet. In Dänemark haben muslimische Frauenrechtlerinnen deshalb das erste Gebetshaus nur für Frauen eingerichtet. Auch die Geistlichen sind weiblich.

In vielen Moscheen müssen die Frauen durch den Hintereingang eintreten. Während die Männer im schönsten Teil der Gebetsräumlichkeiten Platz nehmen, werden die weiblichen Gläubigen oft dicht zusammengedrängt auf einen hinteren Teil verwiesen. »Leider gibt es für Frauen in vielen Moscheen nur dunkle Verliese oder völlig unbenutzbare Räume«, gab sogar der Vizechef des türkischen Religionsamtes, Ekrem Keles, vor einigen Jahren, als seine Behörde den Gottesdienst für Frauen schmackhafter machen wollte, zu. Dänische Musliminnen gehen nun einen anderen Weg.

Sie haben die erste Moschee für Frauen von Frauen in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen eröffnet. Sie heißt Mariam-Moschee. Auch die Imame sind Frauen. Niemand muss sich verschleiern. Der Ort wird derzeit noch heimlich gehalten, aus Angst vor Repressalien sowohl aus rechtsextremen wie aus radikalislamischen Kreisen.

»Ich habe mich nie in den existierenden Moscheen zu Hause gefühlt. Die neuen großen Moscheen sind zwar unglaublich schön. Aber wir Frauen stehen auf einem Balkon und schauen dem Geschehen unten nur zu«, sagt Imamin Sherin Khankan, die auch Sprecherin der dänischen Organisation »Kritische Muslime« ist, der Zeitung »Politiken«. »Viele Frauen und auch junge Leute gehen bislang gar nicht erst in die Moschee, weil man dort einen von Männern dominierten patriarchalischen Raum betritt. Deshalb haben wir eine Moschee nur für Frauen eröffnet.« Zusammen mit ihrer Kollegin Saliha Marie Fetteh wird die Religionswissenschaftlerin die Gebete anleiten. Beide Imaminnen haben einen dänischen Hintergrund. Hinter ihnen steht ein Moschee-Vorstand aus zwölf Personen, darunter auch ein Mann.

Mehmet Ümit Necef, Professor am Zentrum für den Vorderen Orient an der Universität Süddänemark, hält das Projekt für einen konstruktiven Ansatz zur Modernisierung des Islams. »Externe Kritik des Islams verursacht Angst und fördert Verteidigungsreaktionen bei Muslimen. Aber wenn die Kritik und Erneuerungen aus dem Islam selbst kommen, ist das sehr konstruktiv«, sagt er ebenfalls »Politiken«.

Die alteingesessenen muslimischen Gemeinden Dänemarks halten die Frauenmoschee für Blödsinn. Es stimme nicht, dass für Frauen in den gewöhnlichen Moscheen kein Platz sei, kommentierte etwa Imam Waseem Hussein, Vorsitzender einer der großen Gemeinden Dänemarks. »Die können gerne machen, was sie wollen. Aber ihre theologischen Referenzen sind falsch. Warum sollte es spezifische Moscheen gerade für Frauen geben? Sollten wir dann auch Moscheen nur für Männer einrichten? Letzteres würde in Dänemark für einen Aufschrei sorgen«, argumentiert er. Zwar würde die Frauenmoschee bei Dänen »in dänischem Kontext« viel mediales Aufsehen erregen, aber in der muslimischen Gemeinde werde sie praktisch keine Rolle spielen, sagt er voraus. Da würde ohnehin kaum eine Frau hingegen, meint er. Es sei nicht der Fehler der Frauen, die das machen. »Aber das Problem ist, dass sie als gut und rechtschaffend dargestellt werden, während der Rest von uns als böswillig dargestellt wird«, sagt Hussein gegenüber »Politiken«.

Allerdings sind die beiden dänischen Frauen mit ihrer Forderung nach einem frauenfreundlicheren Islam nicht allein. Inzwischen gibt es in vielen, zumeist westlichen Ländern derlei Initiativen. In Kapstadt wurde etwa 2015 eine frauen- und homosexuellenfreundliche Moschee eröffnet. Auch wird von islamischen Frauenrechtlern immer wieder betont, dass altmodische Gesellschaften, aber nicht der Islam selbst der Gleichberechtigung im Wege stünden.

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