Der Traum vom erschossenen Flüchtling

Rassisten scheinen sich nichts mehr zu wünschen als an der Grenze getötete Menschen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Pegida-Mitglied Tatjana Festerling hat der britischen »Daily Mail« ein Interview gegeben. Darin verharmlost sie nicht nur die Rolle rechter Hooligans, sondern will auch auf Flüchtlinge schießen lassen.

Fragwürdige Äußerungen ist das Publikum von Tatjana Festerling gewohnt - das bekannte Pegida-Mitglied hält regelmäßig Reden während der Aufmärsche des rassistischen Bündnisses, hetzt ihre Anhänger dabei gegen Flüchtlinge, Politiker und Journalisten auf. Während Festerling dafür die Pegida-Bühne allzu gern nutzt, hält sie sich mit Äußerungen gegenüber Medien weitgehend zurück. Dem britischen Boulevard-Blatt »Daily Mail« gab sie jetzt dennoch ein Interview - ein äußerst fragwürdiges, das in Teilen als Video auf der Internetseite von »MailOnline« zu finden ist.

Warum Festerling ausgerechnet dem konservativen englischen Klatschblatt Rede und Antwort stand? Vielleicht schmeichelte ihrem Ego die Aussicht, von der »Daily Mail« als »die mächtigste Frau des rechtsextremen Deutschlands« (»the most powerful woman in far-right Germany«) bezeichnet zu werden. Der Wahrheitsgehalt dieser Zuschreibung sei dahingestellt, für die britische Presse sind Skandalgeschichten über »Nazis« seit jeher eine beliebte Schlagzeile, zumal wenn es sich dabei um einen »german nazi« handelt.

Festerling liefert dem britischen Boulevard dann auch treffsicher jene Antworten, die sich die Reporter wohl insgeheim erhofften. »Deutschland ist wie eine Freiluft-Psychiatrie mit der Geisteskrankheit politische Korrektheit«, wettert die Pegida-Frontfrau. An anderer Stelle behauptet sie: »Wir von Pegida sind die Einzigen, die sich nicht um politische Korrektheit scheren. Wir haben keine Skrupel und keine Angst.«

Was bis zu dieser Stelle noch als erwartbares Raunen rechtspopulistischer Kreise durchgehen könnte, steigert sich im weiteren Verlauf zu einem Gespräch, das viel über die Gedankenwelt Festerlings verrät. »Die Hooligans, die ich kenne, das sind Mütter und Väter, Arbeiter und Zahnärzte, Steuerzahler. Mit einem bizarren Hobby, es ist eine Art Sport«, verharmlost sie das martialische Auftreten gewaltbereiter rechter Gruppen, die bei den Pegida-Aufmärschen schon lange ihre feste Rolle als Ordner erfüllen, um die Demonstration vor Angriffen »brutaler Linker« zu schützen, wie Festerling es darstellt.

Der eigentliche Skandal des Interviews findet sich allerdings nur in der schriftlichen Fassung wieder. Festerling äußerte sich demnach auch dazu, was ihrer Meinung nach mit Asylsuchenden an der Grenze passieren sollte: »Wenn sie (die Flüchtlinge - Anm. d. Red.) weiter über die Grenzen kommen und man sie nicht in Gewahrsam nehmen kann, dann erschießt sie.« (»If they keep crossing the border and you can’t arrest them, shoot them.«)

Nachdem insbesondere diese Forderung im Netz bereits für Empörung gesorgt hatte, nahm Festerling auf ihrer Facebookseite Stellung zu der zitierten Passage. »Das ist natürlich völliger Blödsinn und wer mich halbwegs kennt, weiß, dass ich mich nie so äußern würde«, schreibt die Pegida-Rednerin und behauptet, der Autor wolle in dem Artikel lediglich skandalisieren. Völlig falsch scheint der zitierte Satz dann allerdings doch nicht zu sein, wie Festerling einräumt. »Ich habe zwar gesagt ›als Ultmia Ratio muss auch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden‹ - aber sei’s drum.« Ein Pegida-Mitglied fühlt sich von den Medien demnach wieder einmal völlig missverstanden.

Zuletzt hatte AfD-Chefin Frauke Petry mit Interview-Aussagen zum Schusswaffengebrauch für Wirbel gesorgt. Petry hatte dem »Mannheimer Morgen« gesagt, Polizisten müssten illegalen Grenzübertritt verhindern und dabei »notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.« Auch sie griff nach Kritik die Medien an und behauptete, sie sei falsch wiedergegeben worden. Der »Mannheimer Morgen« stellte allerdings klar, dass Petry und ihr Sprecher jedes Wort zur Autorisierung vorgelegt bekamen und für eine Veröffentlichung freigaben. Mit Agenturen

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