Berlin schafft Kita-Gebühren ab

Gesetz soll Eltern finanziell entlasten und Qualität der Einrichtungen verbessern

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
Bisher sind Kita-Plätze für Drei- bis Sechsjährige kostenfrei. Ein Gesetzentwurf der rot-schwarzen Koalition will die Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten auf Ein- bis Zweijährige ausweiten.

1600 Erzieher soll Berlin bis 2018 neu einstellen, 900 davon allein in diesem Jahr. So wünscht es sich Bildungssenatorin Sandra Scheeres, die am Dienstag ihre Änderungsvorschläge für das geplante Kita-Gesetz der rot-schwarzen Koalition vorgestellt hat. Der Entwurf soll nach Ostern dem Bildungsausschuss vorgelegt werden. Der sieht einen »Dreiklang« für bessere Kindertagesstätten vor: Abschaffung der Gebühren, Qualitätsverbesserungen und der Kita-Ausbau. Konkret bedeutet das: mehr Einrichtungen, mehr Personal, weiterhin nur die Beschäftigung von ausgebildeten Erziehern.

Ändern will Scheeres am Gesetzentwurf der Koalition vor allem die Geschwindigkeit, mit der das Personal aufgestockt werden soll. Bisher sieht der Entwurf vier Schritte vor, damit bis 2019 ein Erzieher nicht mehr für rechnerisch 5,6 Kinder zuständig ist, sondern nur noch für 4,6. Die Bildungssenatorin schlägt nun vor, noch 2016 den Betreuungsschlüssel um ein halbes Kind zu verringern, um bereits 2018 den letzten Schritt zu erreichen. Dafür sollen noch in diesem Jahr 800 neue Erzieher eingestellt werden. Das kostet 60 Millionen Euro. Vier zusätzliche Millionen veranschlagt Scheeres für 100 Erzieher, die das Personal in sozialen Brennpunkten unterstützen sollen. Die Zahlen sollten aber flexibel angepasst werden können, falls die Anzahl der Flüchtlingskinder die bisherigen Schätzungen überstiegen.

Seit 2012 sind der Senatorin zufolge 18 000 zusätzliche Kita-Plätze geschaffen worden. Bis 2018 sollen noch einmal 14 000 dazu kommen. »Im Bundesvergleich liegen wir jetzt schon vorne«, sagte Scheeres, aber es sei noch Luft nach oben.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzes ist die Abschaffung der Kita-Gebühren vom ersten Jahr an, die die Berliner SPD schon seit längerem fordert. Diese soll bereits ab Herbst 2018 gelten und für alle Eltern gelten - unabhängig von ihrem Einkommen. Bis jetzt ist die Kita nur für Vier- bis Sechsjährige kostenfrei. Für die Jüngeren gilt eine Gebührenstaffelung je nach Einkommen der Eltern. Kritikern der neu geplanten Regelung hält Scheeres grundsätzliche Chancengleichheit entgegen: »Ich sehe die Kita als wesentliche Bildungseinrichtung an. Und Bildung darf nichts kosten.« Das vereinfache auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das wiederum bringe einen Standortvorteil für Berlin. »Viele Menschen kommen her, um zu arbeiten und bleiben hier, weil wir eine familienfreundliche Stadt sind«, sagte Scheeres.

Bekämpfen will die Senatorin die Praxis mancher Einrichtungen, von Eltern unzulässige Zusatzgebühren zu verlangen. »Das ist nicht gang und gäbe, kommt aber vor.« 100 bis 700 Euro pro Monat würden teilweise verlangt - nicht etwa für zusätzlichen Schwimm- oder Musikunterricht, sondern beispielsweise dafür, einen Platz in der gewünschten Kita freizuhalten. »Wir haben Sorge, dass, sobald die Gebühren wegfallen, die Träger noch kreativer werden, weil sie meinen, dass bei den Eltern Kapazitäten frei würden«, sagte Scheeres. Schon jetzt könne man als letztes Mittel entsprechende Einrichtungen schließen. Im neuen Kita-Gesetz sollen differenzierte Sanktionen möglich sein.

Katrin Möller, Sprecherin der Linksfraktion für Jugend und Familie, kritisiert, dass der Gesetzentwurf dem Parlament bisher nicht vorgelegt worden sei. Die geplante Gebührenbefreiung hält sie für ein »Geschenk an die Besserverdienenden«. Das Geld solle lieber dafür verwendet werden, schnell die Erzieher zu entlasten.

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