AfD-Kandidat über Wehrmacht: »Griechenland Urlaub 41«

Was potenzielle Parlamentarier der rechtspopulistischen Partei über die deutsche Geschichte, Tierschutz und Flüchtlinge denken

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Kommunikationspanne«, »falsch verstanden«, »Aussage verfälscht wiedergegeben«, »auf der Maus ausgerutscht« – die AfD zeigt sich nicht unbedingt in allen Fällen besonders kreativ, wenn eines ihrer Mitglieder mit öffentlichen Äußerungen die Rechtspopulisten in Misskredit bringt. Kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dürfte die Parteispitze umso genauer darauf achten, dass auf der Zielgeraden keine sprachlichen Querschläger für Unruhe sorgen.

Viele aussichtsreiche Kandidaten in den drei am Sonntag wählenden Bundesländern haben sich in der jüngeren Vergangenheit kaum Sorgen darum gemacht, ob die von ihnen getätigten Aussagen mit einer möglichweise für sie anstehende Karriere als Abgeordnete besonders hilfreich sind. Der eine oder andere bisher unwissende Wähler in spe dürfte verwundert sein, was so mancher AfD-Kandidat in den sozialen Netzwerken an Äußerungen von sich gab. Die »Rheinische Post« stellte dafür einen Überblick zusammen, der sich in vielen Fällen um weitere Beispiele ergänzen lässt. Längst nicht jeder zukünftige Berufspolitiker scheint sich mit dem Tücken von Facebook & Co. wirklich auszukennen. Einige Profile sind bis heute offen zugänglich, viele Postings dadurch weiterhin auffindbar. Andere Kandidaten wiederum haben ihre Profile für Außenstehenden gesperrt oder auf Vorzeigbarkeit getrimmt.

Ein äußerst fragwürdiges Verhältnis zur deutschen Geschichte und den Verbrechen des Nationalsozialismus legt etwa der in Sachsen-Anhalt kandidierende Felix Zietmann (Listenplatz 29) an den Tag. So kommentierte Zietmann ein Foto, das Wehrmachtssoldaten nach dem Einmarsch in Griechenland vor der Akropolis zeigt, mit den Worten: »Griechenland Urlaub 41«.

David Hügel (Direktkandidat in Sachsen-Anhalt) outet sich nicht nur als Fan des rechten Verschwörungstheoretikers Jürgen Elsässer, sondern findet zudem Gefallen an der völkisch-nationalistischen »Identitären«-Bewegung. Als eine lokale Gruppe der Rechtsradikalen im Oktober 2015 die Anreise von Flüchtlingen mit einem Transparent auf dem »NO WAY- - You will not make Europe your home!« stört, kommentiert er dies Hügel mit den Worten: »Tolle Aktion !!! RESPEKT«

Ähnlich wie bei Zietmann ist auch Hügels Verhältnis zur deutschen Vergangenheit fragwürdig: Unter einem Video, das viele Flüchtlinge auf einer Brücke zeigt, die sich zwischen Deutschland und Österreich befinden soll, schreibt er: »Damals hat man Brücken gesprengt um eine Invasion zu verhindern«. Da passt es nur ins Bild, wenn Hügel munter allerlei rassistische Fotos und Grafiken teilt, in dem es unter anderem »Bundesministerium verwechselt Asyl mit Sextourismus...« heißt.

Als angeblicher Tierfreund outet sich Ulrich Siegmund (Listenplatz 15, Sachsen-Anhalt) unter einem Beitrag des Tierheims in Buchholz, indem auf einen ausgesetzten und gestorbenen Hund hingewiesen wird. Nach einem öffentlichen Aufruf wird der Täter ermittelt, was Siegmund mit der Forderung kommentiert: »Erschießen wäre zu soft.... Das Schwein kann man nicht genug strafen...« Auf seinem öffentlichen Facebook-Profil finden sich derartige Äußerungen nicht. Stattdessen präsentiert Siegmund bei seinem offenbar liebsten Hobby: Dem Reisen.

Wolfgang Rehfeld (Direktkandidat in Sachsen-Anhalt) teilt nicht nur Beiträge des rechten Kopp-Verlages, zu dessen Spezialitäten unter anderem auch flüchtlingsfeindliche Artikel gehören; er glaubt offenbar auch, Deutschland werde durch die USA gesteuert und letztlich ins Chaos gestürzt. Ob es die Bundesrepublik allerdings tatsächlich gibt, lässt Rehfeld in einem anderen Kommentar offen. Unter einem Artikel, wonach die Grünen-Politikerin Claudia Roth angeblich fordert, die deutsche Staatsbürgerschaft abzuschaffen, heißt es: »die haben wir doch garnicht!! Ich lach mich kaputt!! Schaut mal in den Ausweis....wo steht da was von Staatszugehörigkeit???????????????«

Bei solch einem Personalaufgebot bleibt die ernsthafte Frage, wie viele potenzielle AfD-Wähler über die Kandidaten tatsächlich wissen.

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