Karlsruhe verhandelt über Atomausstieg

BUND fordern schnelleres Abschalten der Atommeiler / Energiekonzerne klagen auf Entschädigung

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Bundesverfassungsgericht überprüft die Rechtmäßigkeit des Atomausstiegs. Die Energiekonzerne wollen eine Entschädigung für das Abschalten der Reaktoren. Der Prozess wird von Protest begleitet.

Das Bundesverfassungsgericht überprüft seit Dienstag die Rechtmäßigkeit des vor fünf Jahren beschlossenen Atomausstiegs. Die Bundesregierung hatte die Entscheidung nach der schweren Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima gefällt und unter anderem die sofortige Abschaltung einiger Atomkraftwerke verfügt. Die Energieversorger Eon, RWE und Vattenfall sehen in dem Ausstieg eine Enteignung. Ein Urteil dürfte erst in Monaten fallen.

Zum Auftakt der Schadensersatzklage der drei Energiekonzerne Eon, RWE und Vattenfall vor dem Bundesverfassungsgericht haben Umweltschützer in Karlsruhe gegen Atomenergie demonstriert. Rund 20 Vertreter der Umweltschutzorganisation BUND forderten am Dienstag vor dem Gericht auf Transparenten und mit zerbeulten Fässern ein sofortiges Abschalten aller Atomkraftwerke in Deutschland. Außerdem müsse der Atomausstieg im Grundgesetz verankert werden.

Fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima pochen die Energiekonzerne vor dem Bundesverfassungsgericht auf Schadensersatz für den deutschen Atomausstieg. Aus Sicht der klagenden Unternehmen kommt die Kehrtwende der Bundesregierung in der Atompolitik einer Enteignung ohne Entschädigung gleich. Unter dem Eindruck der Ereignisse in Japan hatte die damalige schwarz-gelbe Koalition 2011 die Laufzeitverlängerung aus dem Vorjahr rückgängig gemacht. Im Atomgesetz schrieb sie fest, bis wann die 17 deutschen Meiler vom Netz müssen. Die letzten Kraftwerke werden nun spätestens 2022 abgeschaltet.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte vor Beginn der Verhandlung, der Atomausstieg sei schon vor Fukushima beschlossene Sache gewesen, und verwies auf den von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2002 beschlossenen ersten Atomausstieg.

An die Adresse der Kläger sagte Hendricks, die Bundesregierung werde sich nicht auf irgendwelche »Deals« einlassen, damit die Klagen gegen den Atomausstieg zurückgezogen würden. »Die Bundesregierung wird keine Deals machen«, sagte sie mit Blick auf die Kommission, die prüfen soll, wie der Atomausstieg finanziert und die langfristige Verantwortungsübernahme der Versorger Eon, RWE, EnBW und Vattenfall erfüllt werden kann.

Jürgen Trittin gibt den Klagen der Energiekonzerne ebenfalls gegen den Atomaustieg vor dem Bundesverfassungsgericht keine Chance. »Die Unternehmen klagen zurzeit gegen den von ihnen selber unterschriebenen Atomkonsens. Ich würde aus diesem Grunde sagen, die Werthaltigkeit der Klage in Karlsruhe ist außerordentlich bescheiden«, sagte der Vorsitzende der Regierungskommission für den Atomausstieg im phoenix-Interview. »Mir scheint es eher so zu sein, dass die Vorstände der Unternehmen hier etwas unternehmen mussten, um ihren Aktionären zu zeigen: Wir haben das nicht wehrlos über uns ergehen lassen.« Agenturen/nd

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