Obama bei Castro

Internationale Presseschau

  • Lesedauer: 3 Min.

Guardian, Großbritannien

Ermüdete Revolution

Indem er nach Havanna gegangen ist, hat Obama einen notwendigen Schritt unternommen. Die nächsten Schritte hängen von Kuba ab. Junge Kubaner werden mehr erwarten als schöne Fernsehbilder der Normalisierung. Kubas Revolution ist ermüdet, aber das Regime will das Land weiter im Griff behalten, vor allem während der Vorbereitungen auf den Parteitag der Kommunisten im April. Bei Obamas Besuch geht es nicht nur um gute Nachbarschaft, noch darum, die Lasten der Vergangenheit loszuwerden. Der Besuch konfrontiert auch Kubaner und ihr Regime mit der Frage, welche Art von Zukunft sie ermöglichen wollen.

Le Monde, Frankreich

Der »US-Star« in Kuba

Die USA verlangen nicht mehr einen Regimewechsel in Havanna. Sie hoffen darauf, dass sich das jetzige Regime Stück für Stück verändert. Das wird Zeit brauchen. Die Gefahr ist, dass die Kubaner von dieser Normalisierung der Beziehungen zu Washington alles erwarten und das sofort. Ein gutes Zeichen: Zwei Tage nach Obama empfängt Havanna Mick Jagger und die Rolling Stones, die Fidel Castro einst als »Symbol für die Dekadenz des Kapitalismus« bezeichnet hatte. Alles in allem ist Obama als »US-Star« in Kuba - er eröffnet eine neue Etappe.

Wedomosti, Russland

Linkspopulismus ohne Hoffnung

Der Auftaktbesuch Barack Obamas auf Kuba ist nicht nur wichtig für die Wiederaufnahme von Beziehungen der zwei Länder nach jahrzehntelanger Isolation, er zeugt auch von einer globalen Tendenz. Gleich mehrere Staaten Lateinamerikas sind überzeugt von der Hoffnungslosigkeit linkspopulistischer Modelle, und weil sie ihre Wirtschaft wieder aufbauen müssen, wenden sich dem stumpf gewordenen Standard-Kapitalismus zu.

Polityka, Polen

Ein Freiluftmuseum

Bereits im vergangenen Jahr haben rund 160.000 US-Touristen das Land besucht, obwohl sie noch nicht vollkommen unbeschränkt dort herumreisen durften. Insgesamt waren es 2015 3,5 Millionen. Die meisten von ihnen interessieren sich nicht nur für die Strände. Sie wollen dort vielmehr eine Art sozialistisches Freiluftmuseum in den Tropen besichtigen, das sich in den kommenden Jahren bis Jahrzehnten in ein modernes und teures Urlaubs-Mekka verwandeln dürfte, das Unterhaltungen für alle anbietet.

El País, Spanien

Ende einer Epoche

Mit seiner Kuba-Reise leitet US-Präsident Barack Obama eine neue Ära ein. Die Normalisierung der Beziehungen zwischen Washington und Havanna wird eine der wichtigsten Errungenschaften seiner Amtszeit sein. Mit der Ankunft des amerikanischen Staatschefs in Kuba geht die 54 Jahre dauernde Epoche der Distanzierung zwischen beiden Staaten zu Ende. Die Regierungen beider Länder haben jedoch noch einen weiten Weg vor sich. Washington muss das Embargo gegen Kuba endgültig aufheben. Diese Maßnahme erwies sich als wirkungslos bei dem Bemühen, die Diktatur in dem Inselstaat zu überwinden. Die Entscheidung liegt jedoch nicht bei Obama, sondern beim Kongress. Kuba wird konkrete Fortschritte bei der Öffnung des Regimes und der Achtung der Menschenrechte unternehmen müssen.

Der Standard, Österreich

Schwache USA

Der würdelose Empfang, der Barack Obama auf Kuba bereitet wurde, ist Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker. Diese lehnen nicht nur die Aussöhnung mit dem repressiven Inselstaat ab, sondern werfen dem Präsidenten überhaupt vor, die US-Führungsrolle in der Welt in den vergangenen sieben Jahren verspielt zu haben. Tatsächlich wirken die USA so schwach wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Und auch wenn Außenpolitik für die meisten Amerikaner ein Nebenthema ist, so hängen sie dennoch an der Idee der globalen Führungsmacht - und verfallen in großer Zahl den Versprechungen eines Donald Trump, er werde »Amerika wieder groß machen«.

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