Rettungsflieger können auch anders

Das Militär bekommt neue Hubschrauber und deren Verwendung offenbart neue Einsatzszenarien

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Mobilität ist ein Schlüsselwort für die weitere Entwicklung des deutschen Militärs. Dazu beschafft man eine neue Generation von Hubschraubern. Und verdeutlicht damit zugleich neue strategische Absichten.
Die Ärztin Sabine Petersen, Pilot Jens Blank, Bordmechaniker Jan Wollcke und Rettungsassistent Johannes von Storkow sind pünktlich zu Dienstbeginn im Rettungszentrum. Sabine hat das Wochenende auf einer Schönheitsfarm verbracht ... Jens kommt frisch von der Weiterbildung ... Draußen wartet »Anneliese«, ein Such- und Rettungs-Hubschrauber der Bundeswehr.
In über 80 Folgen hat uns das ZDF im Vorabendprogramm extrem kostengünstig - weil von der Bundeswehr gesponsert - an der Arbeit des Hamburger Rettungshubschraubers teilhaben lassen. Nun jedoch ist seit geraumer Zeit Feierabend mit dem TV-Rettungsmilitär. »Anneliese«, ein UH-1D-Hubschrauber, ist aufs Altenteil geschoben. Die Bundespolizei hat einen moderneren Nachfolger gestellt.

Militär macht SAR teuer
Ausfälle im 24-Stunden-System hat es deshalb nicht gegeben, dennoch wurden Kosten gespart. Denn die militärischen SAR-Einsätze sind wesentlich teurer als jene, die von zivilen Helfern geleistet werden. Zudem gibt es keinen Grund, weshalb das Militär überhaupt solche Einsätze fliegen muss. Die NATO fordert lediglich einen militärischen Rettungsdienst für den militärischen Flugbetrieb, doch der ist nach dem Wegfall der Systemkonfrontation radikal gekürzt worden.
Der wirkliche Grund, weshalb die Bundeswehr SAR-Hubschrauber für den zivilen Rettungsdienst bereithält, ist mit dem Begriff »Inübunghaltung« beschrieben. Ein besseres Training kann es für Hubschrauberpiloten kaum geben. Deshalb will das Militär auch mit seinen neuen NH-90-Maschinen, die seit Sommer in die Truppe eingeführt werden, präsent sein. Die Kostenunterschiede gegenüber den zivilen Rettern steigen weiter - beim Anschaffungspreis um das siebenfache, bei den Kosten je Flugstunde um mehr als das dreifache. Sagt der Bundesrechnungshof und offenbart Unverständnis, weshalb die Luftwaffe acht und die Marine zwei SAR-Stützpunkte betreiben muss. Pro Hubschrauber sind sechs Besatzungen eingeteilt.

Buchprüfer mit Klartext
Seit Sommer werden die UH-1D-Hubschrauber nach und nach durch den NH 90 ersetzt. Der ist eine Gemeinschaftsentwicklung Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der Niederlande. Er hat ein maximales Startgewicht von rund zehn Tonnen und kann 20 Soldaten oder vier Tonnen Material mit einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 300 Stundenkilometern transportieren. Bis zum Jahr 2011, so steht es im verschlossen gehaltenen Bundeswehrplan 2007, sollen Heer, Luftwaffe und Marine 112 solcher Helis übernehmen.
Auch der NH 90 soll für den Such- und Rettungsdienst optimiert werden. In der Bundeswehrplanung liest man jedoch etwas von »bewaffnet und unter Einsatzbedingen«. Freilich denkt man da weniger an eine Verwendung im Inland. Die Rede ist von einer »streitkräftegemeinsamen Konzeption«, doch sind Gier und Egoismus der Teilstreitkräfte offenbar so groß, dass jeder sein SAR-System samt Gerät verlangt. Da platzte dem Bundesrechnungshof der Kragen. Bei Klartextreden liest man dann unter anderem: »Die Luftwaffe entwickelte Verfahren zur bewaffneten Suche und Rettung von Luftfahrzeugbesatzungen, die in feindlichem Gebiet abgeschossen wurden oder notlanden mussten.« Das kann nichts anderes bedeuten, als dass sich das deutsche Militär auf Luftkriegsoperationen vorbereitet. Jugoslawien war also kein »Ausrutscher«.

Einsätze im Feindesland
Das Heer hingegen orientiert seine NH-90-Modifikationen am Bedarf der Spezialkräfte, kurz KSK genannt, sowie generell an den Wünschen der Division Spezielle Operationen. So will man beispielsweise in der Lage sein, »versprengte Soldatinnen und Soldaten aus feindlichem Gebiet« zu retten oder nicht näher benannte »Spezialeinsätze« ausführen zu können.
Wenn Militärs solche technischen und taktischen Pläne verfolgen, definieren sie als Fachleute ihre Absichten naturgemäß etwas ungenierter, als es im Weißbuch der Bundesregierung nachzulesen ist.
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