Versorger müssen billig einkaufen

Energielieferer dürfen Preis nicht unbegrenzt erhöhen

  • Lesedauer: 2 Min.
Über die Energierechnung ärgern sich viele Kunden. Der BGH präzisierte, wo Schluss sein muss mit Preiserhöhungen. Verbraucherschützer sehen das Urteil kritisch.

Karlsruhe. Die Energieversorger sind nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) verpflichtet, im Interesse ihrer Tarifkunden ihr Gas möglichst billig einzukaufen. Wenn es geht, müssen sie die günstigste Beschaffungsalternative wählen. Insbesondere dürfen die Versorger keine Preissteigerungen auf ihre Kunden abwälzen, die sie ohne diese Möglichkeit aus wirtschaftlichen Erwägungen vermieden hätten. Grundsätzlich halten die Karlsruher Richter aber an ihrer von Verbraucherschützern kritisierten Linie vom Oktober 2015 fest. Demnach durften die Strom- und Gasversorger ihre Preise bis zu einer Neuregelung 2014 ohne umfassende Begründung erhöhen, solange sie damit keinen Gewinn machen wollten.

Diesmal ging es nur noch um die Frage, wann die Grenze erreicht ist. In dem Fall aus Baden-Württemberg streitet eine Gaskundin mit den Ravensburger Technischen Werken Schussental um Preiserhöhungen zwischen 2005 und 2007. Die Frau wirft dem Unternehmen vor, am Vorlieferanten beteiligt zu sein und damit von dessen Gewinn zu profitieren. Nach Darstellung des Versorgers dient die Kooperation mehrerer Stadtwerke dagegen dem Ziel, günstigere Preise auszuhandeln. Die Handelsspanne sei zudem verschwindend gering.

Das Urteil ist für die Kundin ein Etappensieg: Das Landgericht Ravensburg muss den Fall noch einmal verhandeln, weil es sich die Umstände der Erhöhungen nicht genau angeschaut hat. Das Gericht hätte Einwände der Frau nicht als unerheblich abtun dürfen, betont das BGH. Vom Kunden sei nicht zu verlangen, dass er die Entwicklung der Bezugskosten überprüfe, um sich im Prozess äußern zu können.

Verbraucherschützer sehen in der Entscheidung nur eine kleine Verbesserung: Zwar sei positiv, dass sich die Versorger nicht pauschal auf ihre Einkaufspreise berufen könnten, sagte Jürgen Schröder, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. »Der Masse der Verbraucher bringt das aber nichts.« Aus seiner Sicht hätte der BGH den Fall ein zweites Mal dem Europäischen Gerichtshof vorlegen müssen. Der hatte 2014 geurteilt, dass deutsche Versorger ihren Kunden Preiserhöhungen nicht so transparent mitgeteilt hatten wie eine EU-Richtlinie es erfordert. Inzwischen ist auch in Deutschland Gesetz, dass Versorger über »den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung« informieren müssen.

Der BGH zog aus der Luxemburger Entscheidung keine weitreichenden Konsequenzen. Verbraucherzentralen bemängeln, Kunden hätten kaum Möglichkeiten, sich gegen Erhöhungen zu wehren. dpa/nd

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