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Länderrekord in Sachen Drogentote

Bayern: Behörde redet Lage schön - kein Kurswechsel

  • Johannes Hartl
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Freistaat Bayern sieht sich gerne als Spitzenreiter. Egal, ob es um die Bildungsangebote oder um die Erfolge der Sicherheitsbehörden geht - stets preisen die Minister aus Horst Seehofers CSU-Kabinett den Lebensstandard und die hohe Lebensqualität in Bayern an. Doch nicht nur in positiven Belangen wie der medizinischen Versorgung oder der Bildung rangiert das Bundesland meist in den vorderen Rängen.

Auch die Liste der jährlichen Drogentoten führt der Freistaat seit Jahren an. Laut einer Erhebung des bayerischen Innenministeriums wurde im letzten Jahr mit insgesamt 314 Opfern sogar der Wert von 2014 übertroffen. Damals waren mit 252 bereits mehr Tote als in jedem anderen Bundesland zu verzeichnen. Worauf dieser erneute Anstieg zurückzuführen ist, lässt sich zwar nicht eindeutig erklären, so eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums auf Anfrage des »nd«. Ihrer Einschätzung zufolge seien bei solchen Zahlen natürliche »Schwankungen« zu beobachten, die eine Aussage nur über einen bestimmten Zeitraum erlauben würden.

Trotzdem werde , so die Sprecherin, aktuell geprüft, »mit welchen konkreten Maßnahmen die Prävention verstärkt werden« kann. Dabei sollen offenbar besonders »psychoaktive Substanzen« im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, die sogenannten Legal Highs. Diese Drogen erfreuen sich vorwiegend bei Jugendlichen großer Beliebtheit und führen zu intensiven Rauschzuständen, die vielfältige Auswirkungen haben. Unter anderem können sie zu massiven Bewusstseinsveränderungen führen, die laut Gesundheitsministerin Melanie Huml schnell gefährliche Komplikationen wie »Psychosen oder Schock- und Panikzustände bis hin zum Herzstillstand« nach sich ziehen können. Aus diesem Grund spricht sich die CSU-Politikerin und Medizinerin vehement für ein Verbot der Legal Highs aus.

Der SPD und den Grünen im Landtag reichen diese Maßnahmen dagegen nicht aus. Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Ulrich Leiner, spricht von einer »komplett gescheiterten« Drogenpolitik des Freistaats und fordert eine grundsätzliche Reform des bisherigen Ansatzes. Statt vor allem auf Repression zu setzen, müsse endlich der Weg für Drogenkonsumräume freigemacht werden. Mit solchen Einrichtungen, ist sich der Grünen-Politiker sicher, könnten die Todesfälle erheblich minimiert werden, etwa durch saubere Spritzen oder durch ein schnelles Eingreifen des Personals bei lebensbedrohlichen Zuständen.

»Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass es schwerstkranke Abhängige gibt - und dass wir ihnen Hilfe anbieten müssen«, betont Leiner. Ähnlich sieht es seine Kollegin Kathrin Sonnenholzer, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Ärztin. Sie fordert ebenfalls ein Umdenken und erneuerte ihre Forderung nach Konsumräumen, die sie bereits 2015 vorgebracht hat.

Dass ihre Vorschläge umgesetzt werden, ist jedoch unwahrscheinlich. Im Gesundheitsministerium, der zuständigen Instanz, werden Drogenkonsumräume strikt abgelehnt. Als Räumlichkeiten, in denen der Konsum von illegal beschafften und verbotenen Substanzen erlaubt werde, stünden sie in »Widerspruch« zum »staatlichen Handeln«, so eine Sprecherin. »Nur eine umfassende Repression, die keine rechtsfreien Räume duldet, ist auf Dauer glaubwürdig und gewährleistet Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger.«

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