Weniger Flüchtlinge in Hostels

Steigende Touristenzahlen und gesunkene Tagessätze machen Unterbringung von Geflüchteten unattraktiv

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.
Da Hostels in der Regel keine Verträge mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) abgeschlossen haben, können sie Flüchtlinge von einem auf den anderen Tag rauswerfen.

355 Geflüchtete leben aktuell in Hostels oder Pensionen. Zunehmend kündigen die Betreiber, und die Flüchtlinge müssen umziehen. Die Plätze in Gemeinschaftsunterkünften sind allerdings weiterhin rar. »Das beginnt jedes Jahr mit dem Ostergeschäft«, sagt Canan Bayram, die für die Grünenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Über die Wintermonate kommen weniger Touristen nach Berlin, und die Hostelbetreiber stellen freie Schlafplätze für Flüchtlinge oder Obdachlose zur Verfügung. Sobald es wärmer wird und mehr Urlauber in die Hauptstadt kommen, sinkt das Interesse der Hostelbetreiber, Flüchtlinge oder Wohnungslose aufzunehmen.

Dieses Jahr kommt hinzu: Der Senat hat sich darauf verständigt, die Höchstpreise für Hostels von 50 auf 30 Euro zu senken. Die Unterbringung über das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) wird also unattraktiver für die Betreiber von Touristenunterkünften.

Problematisch ist zudem, dass die Hostels in der Regel nicht vertragsgebunden sind. Theoretisch können sie die Bewohner daher von einem auf den anderen Tag hinauswerfen. »Das kann ein Problem werden«, bestätigt Monika Hebbinghaus, Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Bisher sei allerdings nicht zu beobachten, dass durch die gesunkenen Tagessätze Flüchtlinge massenweise auf die Straße gesetzt würden. Bei Kündigungen bemühe sich das LAGeSo um schnellen Ersatz in anderen Unterkünften. Da es nur wenige freie Plätze in Gemeinschaftsunterkünften gebe, landeten manche Flüchtlinge auch in Notunterkünften. »Aber nicht in Turnhallen.«

Für Katharina Müller vom Berliner Flüchtlingsrat ist das dennoch ein Problem. »Die Menschen werden aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen. Sie haben dort Kita-Plätze oder gehen in die Schule.« Nach dem Umzug müssen sie weiter fahren oder die Einrichtung wechseln. Wegen der höheren Unterbringungskosten versucht der Senat seit langem, die Plätze in Hostels zu reduzieren. Noch bevor die Zahl der ankommenden Flüchtlinge im Sommer 2015 in die Höhe schnellten seien mehr als 1000 Flüchtlinge in Hostels untergekommen, sagt Hebbinghaus. Seitdem sinke die Zahl stetig. Insgesamt wurden laut der Senatsverwaltung 2015 in Berlin 39,4 Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen in Hotels, Hostels oder Pensionen ausgegeben. Ein Platz kostete bis Februar 2016 zwischen 12,50 und 50 Euro, der Durschnitt lag bei 37,50. Seit März werden nicht mehr als 30 Euro gezahlt.

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