Podemos sagt Nein zu rechtslastigem Pakt

Fast 90 Prozent der Sympathisanten lehnten es ab, ein Bündnis aus Rechtsliberalen und Sozialisten zu stützen

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Podemos-Basis zeigte keinerlei Bedürfnis, den Sozialisten den Steigbügel für eine Koalition mit Neoliberalen zu halten.

Nur noch ein Wunder kann Neuwahlen am 26. Juni in Spanien verhindern. Denn Mitglieder und Sympathisanten der linken Bewegung Podemos (Wir können es) haben sich mit 90 Prozent Mehrheit in einer für verbindlich erklärten Abstimmung klar hinter die Parteiführung gestellt. 150 000 Personen nahmen teil, gab Organisationssekretär Pablo Echenique am Montagmittag bekannt. Von offiziell registrierten 400 000 Sympathisanten durften 207 000 Personen abstimmen, die sich in den vergangenen zwölf Monaten an Aktivitäten auf der Podemos-Webseite beteiligt hatten.

Echenique sprach von einer »historischen« Abstimmung, da sogar etwa 40 000 Menschen mehr teilgenommen haben als bei der Wahl von Pablo Iglesias zum Parteichef. Als die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) ihre Mitglieder kürzlich - und das auch nur unverbindlich - über ihren Regierungspakt mit der neoliberalen Bewegung Ciudadanos (Bürger) abstimmen ließ, nahmen 50 000 Personen weniger teil. Dabei hat die PSOE mehr Mitglieder als Podemos aktive Sympathisanten. Das zeigte schon an, dass auch viele Sozialisten Probleme mit dem Bündnis haben, da mit ihm viele Wahlversprechen gebrochen werden.

Nun stimmten aber mehr als 88 Prozent der Podemos-Basis dagegen, diese Koalition durch Stimmenthaltung bei der Vertrauensfrage im Parlament an die Macht zu bringen, um sie der regierenden Volkspartei (PP) zu nehmen. Mehr als 90 Prozent sprachen sich dagegen für eine Koalition von Podemos und PSOE aus. Dies aber lehnt Sozialistenchef Pedro Sánchez ab, weil es die Unterstützung baskischer und katalanischer Parteien benötigt. Mit Podemos fordern sie, wie in Schottland über die Unabhängigkeit Kataloniens abstimmen zu dürfen.

Die Podemos-Basis strafte Interpretationsversuche der Sozialisten ab. PSOE-Sprecher Óscar López hatte noch am Sonntag erklärt: »Niemand hat Podemos gewählt, damit Mariano Rajoy weiterregieren kann«, sagte er mit Blick auf den geschäftsführenden Regierungschef. Er forderte, die »Blockade aufzuheben«, damit es eine »Regierung des Wandels« gibt. Die Podemos-Abstimmung hat aber gezeigt, dass die Basis nicht nur Rajoy absägen will, sondern auch den Austeritätskurs der PP.

Im Wahlkampf hatte auch die PSOE die Ciudadanos als wirtschaftsliberale Rechte gebrandmarkt. In ihrem Pakt mit der PSOE haben diese aber nach Angaben ihres Parteichefs Albert Rivera 80 Prozent ihres Programms durchgebracht. Ohnehin zielen sie offen auf die Einbindung der PP in eine große Koalition ab. Die sei nur ausgeschlossen, solange Rajoy nicht abtritt. Dass gerade Spaniens Industrieminister wegen der »Panama-Papers« zurücktreten musste, macht es nun noch unwahrscheinlicher, dass es in letzter Minute eine Annäherung der PSOE an die von immer neuen Skandalen gebeutelte PP geben kann.

Podemos bot der PSOE erneut die Linksregierung an. Echenique, Nummer drei in der Führung, ist angesichts des bisherigen Verhaltens der PSOE »skeptisch«, hält aber die Hand ausgestreckt. »Wir sind bereit, mit ihr eine Regierung des Wandels auszuhandeln.« Er hofft, dass die PSOE ihren Kurs noch vor dem 2. Mai korrigiert. Bis dahin muss eine Regierung stehen.

Mit Blick auf die Abstimmung zeigte sich Echenique gegenüber »nd« »geehrt, einer Organisation anzugehören, die hält, was sie verspricht, und die sich auf die Reife der Bevölkerung verlässt«. Er spricht sich dafür aus, im Falle von Neuwahlen mit der Vereinten Linken anzutreten. Arrogant hatte Parteichef Iglesias dies vor den Wahlen im Dezember abgelehnt. Die Lage wäre sonst heute eine andere. Man hätte als Koalition auf Grund der Wahlarithmetik, die kleine Formationen stark benachteiligt, fast eine Million Stimmen über der PSOE gelegen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal