Arbeiter-Samariter-Bund hofft auf die Hilfe der nd-Leser

Beratungsstelle für Asylbewerber in Prenzlau steht nach 18 Jahren ausgerechnet jetzt vor dem Aus

Tausende Euro muss Geschäftsführerin Gerlinde Daum zusammenkratzen. Sonst muss die Beratungsstelle Ende Juni schließen.

Im Hausflur der Grabowstraße 58 in Prenzlau steht ein Bürgerkriegsflüchtling aus dem Nahen Osten mit Frau und Kind. »AWO?«, fragt er ratlos. Denn hier sitzt nicht die Arbeiterwohlfahrt, sondern der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Es liegt eine Verwechslung vor. Dennoch ist der Mann an der richtigen Adresse, denn er benötigt Ratschläge, und der ASB-Kreisverband Uckermark kümmert sich bereits seit 18 Jahren um die Sorgen der Asylbewerber.

Noch kann sich der Kreisverband das leisten, aber nicht mehr lange. Geschäftsführerin Gerlinde Daum sucht verzweifelt nach einem Sponsor für die Beratungsstelle und bittet um Spenden. Auch kleine Summen würden zunächst helfen. Für eine langfristige Rettung müsste allerdings eine bessere Lösung gefunden werden.

Schließlich kostet die Beratungsstelle jährlich 24 000 Euro, womit der Lohn einer Mitarbeiterin und die Miete bezahlt werden. Mindestens 15 000 Euro muss Gerlinde Daum bis Ende Juni irgendwo zusammenkratzen, sagt sie. Sonst bleibe dem ASB-Kreisvorstand nichts anderes übrig, als zuzumachen, bedauert sie. »Für die Flüchtlingsbetreuung bekommen wir keinen Cent, obwohl inzwischen viel mehr Asylbewerber kommen. Ausgerechnet jetzt müssen wir die Beratungsstelle vielleicht schließen. Das ist doch makaber.«

Manchmal sitzen acht Menschen gleichzeitig in dem Raum, der mit einer Weltkarte, einer Koranausgabe und dem Porträt eines Indianerhäuptlings ausgeschmückt ist. In einer Ecke steht eine Schaufensterpuppe, angekleidet mit einer traditionellen algerischen Tracht. Daum trägt an einer Halskette ein Kreuz, und an der Wand in ihrem Büro ist ein Davidstern zu sehen. Früher seien in der Begegnungsstätte multikulturelle Feste gefeiert worden, sagt sie, »aber dafür haben wir im Moment gar keine Zeit mehr«.

Die Liste mit den Angeboten der Beratungsstelle ist drei Seiten lang. Der Samariterbund hilft etwa bei der Wohnungssuche, vermittelt Dolmetscher und schreibt Bewerbungen. Drei Flüchtlinge konnten gleich beim Samariterbund anfangen, sich stundenweise etwas verdienen. Einen Iraner, einen Algerier und einen Afghanen hatte Daum zeitweise als Kraftfahrer eingestellt. Einer half auch, indem er für seine Landsleute übersetzte. Einmal ist die Brille eines Mädchens kaputt gegangen, und Gerlinde Daum erbettelte bei einer Stiftung Geld für eine neue Sehhilfe. Der ASB wird auch angerufen, wenn sich Nachbarn gestört fühlen, weil Flüchtlingskinder noch nach 10 Uhr abends durch den Korridor toben.

Die Kreisverwaltung schicke die Asylbewerber mit einem Zettel zum Samariterbund. Aber um finanzielle Unterstützung durch das Landratsamt habe sie sich vergeblich bemüht, klagt Daum. Sponsoren sind nun ihre letzte Chance.

Bislang wurde die Beratungsstelle durch Quersubventionierung am Leben erhalten. Der ASB erzielt Einnahmen durch eine Tagepflege für maximal zwölf Rentner und betreibt eine Seniorenwohnanlage mit 31 Quartieren. Der seit Anfang 2015 geltende gesetzliche Mindestlohn hat die Gewinne aus diesen Bereichen geschmälert. Dabei findet es Gerlinde Daum - sie ist selbst von Beruf Krankenschwester - völlig richtig, dass Pflegekräfte und Kraftfahrer wenigstens 8,50 Euro in der Stunde bekommen. Eigentlich sei auch dieser Lohn noch zu niedrig. Aber andererseits fehle in der Kalkulation nun das Geld für die Beratungsstelle, übrigens werde es auch für die Kleiderkammer knapp. Die Kleidung werde dem ASB geschenkt und für kleine Beträge an Bedürftige abgegeben, erklärt Daum. Doch diese geringen Einnahmen decken die Ausgaben nicht. Die Kleiderkammer macht Verlust. Sie wird nur offengehalten, weil viele arme Menschen froh sind, dass sie hier etwas zum Anziehen bekommen können.

Die Möbelbörse des ASB musste bereits vor einigen Monaten schweren Herzens eingestellt werden, weil sie nicht mehr zu bezahlen war. Nun droht der Beratungsstelle das Aus.

Gerlinde Daum, deren Mann das »neue deutschland« abonniert hat, hofft jetzt auf die Solidarität der Zeitungsleser. Vor Jahren hat das schon einmal ausgezeichnet geklappt. Da wollte die ASB-Geschäftsführerin für einen jungen Mann mit Down-Syndrom ein Dreirad für Behinderte organisieren, und nach einem Aufruf im »nd« seien die notwendigen 400 Euro zusammengekommen, erinnert sie sich dankbar. Jetzt geht es allerdings um eine viel größere Summe.

ASB-Kreisverband Uckermark, Grabowstraße 58 in 17 291 Prenzlau, Tel.: (03984) 80 46 52, Spendenkonto, IBAN: DE44 1509 1704 0010 3355 66, BIC: GENODEF1PZ1

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