nd-aktuell.de / 22.04.2016 / Politik / Seite 13

Furcht vor »Wittenburg Village«

Ein riesiges Outlet-Center bei Schwerin wird dem Einzelhandel dort schaden, warnen Kritiker

Hagen Jung
Zunehmend konkreter wird die Planung für ein Outlet-Center mit 65 Geschäften in Wittenburg nahe Schwerin. Politiker und Geschäftsleute fordern, dass das Vorhaben gestoppt wird.

Gehen in Schwerin für immer die Rollläden runter in kleinen Boutiquen, Schuhläden, und anderen Geschäften falls in Wittenburg ein Factory-Outlet-Center mit Anbietern von Markenartikeln auf 13 000 Quadratmetern Verkaufsfläche eröffnen sollte? Ja, sagen Kritiker des Projekts, die böse Auswirkungen auch auf die Einkaufszentren in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt befürchten. Absehbar sei zudem, dass qualifiziertes Personal abwandert ins 36 Kilometer nahe Kommerzdorf neben dem Alpincenter an der Autobahn 24. Noch ehe es entsteht, soll das Land jenes Projekt stoppen, fordern dessen Gegner und hoffen, dass Schwerins Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow (LINKE) die Regierung dazu bewegt.

Ein Widerspruch aus dem Rathaus, eingelegt beim Ministerium für Landesentwicklung, wäre ein möglicher Weg. Ob ihn Gramkow beschreitet, ist offen. Die Stadtvertretung wollte sich auf ihrer jüngsten Sitzung noch nicht dazu entschließen, die Oberbürgermeisterin mit einer entsprechenden Intervention zu beauftragen. Zunächst soll die Sache in Fachausschüssen erörtert werden.

Schon 1999 war ein Outlet-Center in Wittenburg im Gespräch. Und schon damals gab es Widerstand. Die Pläne wurden daraufhin nicht weiter verfolgt. Die Diskussion flammte 2007 erneut auf, erlosch aber rasch, denn: Ein potenzieller Investor zog sich wieder zurück. Für Aufregung sorgte 2012 dann die Nachricht, die niederländische Van-der-Valk-Gruppe wolle neben dem von ihr betriebenen Alpincenter den Outlet-Gedanken verwirklichen. OB Gramkow reagierte: Das Projekt sei schädlich für den Schweriner Einzelhandel. Wittenburgs damaliger Bürgermeister Norbert Hebinck konterte: Das Center werde eine Bereicherung für die ganze Region sein »und keine Bedrohung«.

Inzwischen ist der Gedanke zum konkreten Konzept gediehen, das sich nicht auf das Einkaufszentrum beschränkt. Für das Areal an der Skihalle sind ein Schwimmbad und ein Feriendorf geplant. Das schon bestehende Hotel wollen die Investoren von 130 auf 250 Betten erweitern. Der ganze Komplex soll »Wittenburg Village« heißen. Dies ist auch der Name der Investorengemeinschaft. Sie besteht aus der Van-der-Valk-Gruppe und dem Amsterdamer »Ontwikkelfonds«. Sie alle versprechen sich von ihrem Vorhaben wohl auch eine Belebung des Alpincenters, das zur Sommerzeit nicht ausgelastet ist. Erbaut hatte das künstliche Stück Winter als »Snow Funpark« 2006 ein Hamburger Investor für 75 Millionen Euro, das Land zahlte 16 Millionen Euro Fördergeld. Schon bald hieß es: Die Halle ist nicht ausgelastet.

Im Sommer 2008 meldete die Holding des Hamburgers Insolvenz an, die Van-der-Valk-Gruppe übernahm das Ganze, nannte es in Alpin-Center um. Mitte 2010 wurde es vorübergehend gesperrt: Frostschäden hatten dem Fundament erheblich zugesetzt. Seit Herbst 2011 läuft der Betrieb wieder. Damit er noch besser läuft, wollen die Investoren bis 2019 zumindest einen Teil von »Wittenburg Village« verwirklicht haben, einschließlich Outlet-Center.

Minister Christian Pegel, zuständig für Landesentwicklung, hatte sich unlängst optimistisch zu dem Vorhaben geäußert: »Wir sind darauf angewiesen, in einer Region Anker zu schaffen«, zitiert ihn die Schweriner Volkszeitung. Und, so der SPD-Politiker, »Wittenburg Village« wäre für den Tourismus in der küstenfernen Gegend ein zusätzliches Angebot.