Flughafentermin wackelt kräftig

Aufsichtsrat will eine Eröffnung des Hauptstadtairports im Jahr 2017 nicht garantieren

  • Martin Kröger und Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Lösung der gigantischen Fehlplanungen unter anderem bei der Entrauchungsanlage dauern an. Offiziell aufgegeben wurde das Eröffnungsjahr 2017 allerdings nicht.

Die Zeit für die geplante Fertigstellung des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld zerrinnt der Flughafengesellschaft FBB zwischen den Fingern. Noch immer stehen wichtige Genehmigungen des Bauordnungsamtes Dahme-Spreewald für die Entrauchungsanlage aus, da kommen nach Aussagen des FBB-Geschäftsführers Karsten Mühlenfeld neue Forderungen für den Brandfall vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA).

Am frühen Freitagmorgen war der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft zusammengetreten, um sich über den Stand der Dinge informieren zu lassen. »Es ist immer noch möglich, 2016 fertig zu werden und 2017 zu fliegen«, gab sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dann in der mit zwei Stunden Verspätung abgehaltenen anschließenden Pressekonferenz zuversichtlich. Allerdings müssen aufgrund der Forderungen des EBA neue Simulationen durchgespielt werden. Kurz gefasst geht es dabei um das Szenario, dass im Tunnel fahrende Züge bei einem Terminalbrand Rauch in den Bahnhof ziehen, der dort Personen ersticken könnte.

»Diese Anforderungen an uns sind erst diese Woche gekommen«, sagte Mühlenfeld, alle Aufsichtsratsmitglieder seien »sehr erstaunt« gewesen. Die Vorgaben seien höher als früher, »wir müssen sehen, ob das so richtig ist.« Müller kündigte an, auf das EBA in der Frage zugehen zu wollen. Bei Sicherheitsthemen werde er aber »sicher keine politischen Vorgaben« machen. »Es kommt nicht darauf an, ob wir im Dezember 2017 oder im Januar 2018 eröffnen«, sagte der Aufsichtsratschef. »Es müssen alle jetzt erkennen, dass es an ihnen liegt«, sagte Müller in Hinblick auf die Genehmigungsbehörden. Die bauliche Situation am Flughafen sei inzwischen überschaubar und beherrschbar. Sollte das Bauordnungsamt Dahme-Spreewald weiter die Genehmigung für die Entrauchungsanlage verweigern, würde der Zeitplan ins Rutschen geraten. Die einst eingebauten Puffer zur Fertigstellung sind offenbar aufgebraucht.

»2018 mag vieles eröffnet werden, sicher aber nicht der Flughafen BER«, kommentiert Experte Dieter Faulenbach da Costa. Wer das vorhabe, werde gegen die Wand laufen.

Eine erneute Verschiebung hätte auch finanzielle Auswirkungen. Schon jetzt stiegen die Kosten nach Angaben von Flughafenkritikern von ursprünglich geplanten 1,7 Milliarden Euro auf fast 4,7 Milliarden Euro. Die Europäische Union hatte die Kosten unlängst auf 6,5 Milliarden Euro begrenzt.

Jeder Tag Verzögerung belaste die öffentlichen Haushalte mit einer Million Euro, warnte der Haushaltsexperte der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler.

Aus Sicht der Berliner Industrie und Handelskammer (IHK) kommt es nicht darauf an, ob der Flughafen im Herbst 2017 oder im Frühjahr 2018 eröffnet. »Wir warten seit 1990 auf den Flughafen«, sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter. Wichtiger seien die Weichenstellungen für die Kapazitätserweiterungen über 2023 hinaus.

Der nach Frankfurt und München drittgrößte deutsche Flughafen in Schönefeld sollte eigentlich bereits im Jahr 2011 in Betrieb gehen. Vier Eröffnungstermine sind seitdem geplatzt.

Eine Einigung gab es mit dem Bund über den Standort des künftigen Regierungsflughafens auf dem Areal des neuen Großflughafens. Eine Staatssekretärsrunde hat dazu getagt. Sie sieht vor, dass der Protokollbereich für Staatsgäste rund fünf Jahre nach der Eröffnung des Großflughafens in Betrieb gehen kann. Dies erklärte Flughafenchef Mühlenfeld. mit dpa

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal