»Wir brauchen starken Regen«

Waldbrände in der kanadischen Provinz Alberta noch nicht gestoppt

  • Michel Comte, Fort McMurray
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Waldbrände in Kanadas Ölprovinz Alberta lodern weiter. Doch das Feuer bewegt sich nun weg von der Stadt Fort McMurray. Wie durch ein Wunder ist in den Flammen bislang niemand umgekommen.

Binnen 24 Stunden haben sich die Waldbrände in Kanada dramatisch ausgeweitet. Von Samstag- bis Sonntagfrüh verdoppelte sich die brennende Fläche auf rund 200 000 Hektar, erklärte die Katastrophenschutzbehörde der Provinz Alberta. Die Lage in den Brandgebieten sei weiter »unvorhersehbar und gefährlich«, sagte Kanadas Sicherheitsminister Ralph Goodale. Die 25 000 Menschen, die nördlich der Stadt Fort McMurray festsaßen, wurden inzwischen jedoch fast alle gerettet.

Der Vormarsch des Feuers sei noch nicht gestoppt, erklärte der Krisenstab der Provinzregierung. Trockenheit, Hitze und Wind würden die Brände weiter anfachen. »Das ist weiterhin ein großes, unkontrolliertes, gefährliches Feuer«, sagte Goodale. Die Ölprovinz Alberta erlebt eine Rekorddürre, seit Tagen herrschen Temperaturen von fast 30 Grad Celsius. 1400 Feuerwehrleute sind mit Löschflugzeugen und Helikoptern im Einsatz, um mehr als 40 verschiedene Brände unter Kontrolle zu bringen. Um ihre Arbeit zu erleichtern, hofft die Feuerwehr auf feuchtere Luft. »Wir brauchen allerdings starken Regen«, sagte der Chef der Feuerwehr von Alberta, Chad Morrison. »Schauer werden nicht ausreichen.« Die einzige gute Nachricht sei, dass sich das Feuer zuletzt Richtung Nordosten fortbewegt habe - weg von der vollständig evakuierten Stadt Fort McMurray und den umliegenden Ölförderstätten, sagte Morrison. Auch Todesfälle durch die Waldbrände seien nicht bekannt.

In den vergangenen Tagen waren in einer dramatischen zweiten Evakuierungswelle Tausende Einwohner von Fort McMurray in Sicherheit gebracht worden. Viele waren Richtung Norden geflohen, doch drohten sie dort erneut von den Flammen eingeschlossen zu werden. Am Freitag begann die Polizei, sie per Autokonvoi aus Notunterkünften im nördlichen Umland durch die brennende Geisterstadt Richtung Süden zu eskortieren. Stoßstange an Stoßstange zogen sich Kolonnen aus je 50 Autos durch die teilweise zerstörte Stadt. Später wurde die Zahl der Fahrzeuge aus Sicherheitsgründen auf 25 gesenkt. An den Kreuzungen postierten sich Polizisten, um zu verhindern, dass die Einwohner von der Route abweichen, um Habseligkeiten aus ihren Häusern zu retten. Armeehubschrauber kreisten über der Stadt, um Alarm zu schlagen, falls die Flammen dem Highway 63 zu nahe kommen sollten.

Insgesamt verließen bis Samstagabend 17 000 Einwohner das Katastrophengebiet auf dem Landweg. 8000 wurden ausgeflogen. In der von dichten Rauchschwaden durchzogenen Stadt gingen Polizisten von Tür zu Tür, um die letzten Bewohner zu finden. Die Flucht durch das Inferno sei eine »schreckliche Erfahrung« gewesen, sagte Margarita Carnicero, die mit ihrer Tochter als eine der ersten Wandering River 200 Kilometer südlich von Fort McMurray erreichte. »Ich hatte Angst, aber ich habe versucht, sie nicht zeigen, um meine Tochter nicht zu verängstigen.«

Im Gebiet um Fort McMurray wird Öl aus Ölsand gewonnen. Wegen der Waldbrände fuhren Unternehmen wie Suncor, Syncrude und Shell die Ölförderung in der Region stark zurück. Mehrere Förderstätten wurden inzwischen geschlossen. Die Regierung schickte Militärflugzeuge los, um 4800 Syncrude-Arbeiter zu retten. AFP/nd

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