Vom Jäger zum Gejagten

Der internationale Agrarchemiemarkt befindet sich im Umbruch. Nun will Bayer Monsanto kaufen

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Eben noch wollte Monsanto durch Übernahmen wachsen. Doch der Basler Agrarkonzern Syngenta ist ihm durch die Lappen gegangen. Nun will die deutsche Bayer den US-Saatguthersteller übernehmen.

Der deutsche Pharmakonzern Bayer hat ungefragt ein Angebot für den US-Agrarchemie-Konzern Monsanto vorgelegt. Die beiden Firmen gaben das Volumen der anvisierten Übernahme nicht bekannt. Der Marktwert von Monsanto beläuft sich derzeit auf 42 Milliarden Dollar (37,5 Milliarden Euro). Das könnte ein Ausgangspunkt für jedes Angebot sein. Die fusionierten Unternehmen würden die Führungsrolle im Agrargeschäft übernehmen, hieß es in einer Bayer-Erklärung vom Donnerstag, also bei der Saatgut- und Pestizidherstellung.

Einzelheiten des Angebots waren zunächst nicht zu erfahren. Und es blieb auch unklar, ob Monsanto dem positiv gegenübersteht. »Der Vorstand von Monsanto prüft den Vorschlag mit seinen Finanz- und seinen Rechtsberatern«, erklärte Monsanto am Donnerstag. »Es gibt keine Sicherheit, dass es zu irgendeiner Transaktion kommt, und zu welchen Bedingungen.« Das Angebot sei »ungebeten und unverbindlich«.

Bayers Vorstoß macht deutlich, dass sich der Agrarchemiesektor in Bewegung befindet. Monsanto hatte 2015 versucht, den Schweizer Agrochemie-Riesen Syngenta zu übernehmen. Das Angebot von 46 Milliarden Dollar wurde ausgeschlagen. Dow Chemical und DuPont wollen dagegen fusionieren. Das Volumen: 130 Milliarden Dollar. Und die China National Chemical Corporation plant nun eine Syngenta-Übernahme. Syngenta ist Weltmarktführer bei Produkten der Agrarchemie, Bayer steht an zweiter Stelle. Monsanto ist der weltgrößte Hersteller von Saatgut.

Mit den sinkenden Preisen für Ernten in den vergangenen Jahren ist auch der Verkauf von Saatgut, Chemikalien, Ausrüstung und anderen Produkten für die Landwirtschaft zurückgegangen. Monsanto hat erst vor kurzem seine Gewinnprognose für das laufende Jahr zurückgenommen und angekündigt, dass 16 Prozent der Belegschaft entlassen werden sollen. Der Preisverfall führte auch dazu, dass 2015 erstmals der Verkauf von genverändertem Saatgut gesunken ist, allerdings nur um ein Prozent.

Monsanto scheint auf Zeit zu spielen: Auf einer Investorenkonferenz, die in New York von einer Bank ausgerichtet wurde, sagte Präsident Brett Begemann am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, sein Unternehmen nehme die Nachrichten über einen Kauf durch oder eine Fusion mit Bayer nicht ernst. »Das sind alles wilde Spekulationen, an denen nichts dran ist«, sagte Begemann.

Die beiden Unternehmen würden sich teilweise ergänzen. Sie arbeiten schwerpunktmäßig auf unterschiedlichen Märkten - Bayer in Europa und Asien, Monsanto in Nordamerika. Der Agrarbereich Bayers macht derzeit 22 Prozent des Gesamtgeschäfts aus. Mit Monsanto würde es sich verdoppeln. Bayer scheint am Ausbau des Saatgutgeschäfts interessiert und würde dafür die Sparte Tiergesundheit und Plastikstoffe abstoßen. Diese Verkäufe würden Bayer laut Reuters elf Milliarden Dollar einbringen.

Einige Analysten fürchten aber, Bayer könnte sich übernehmen und sein Kreditrating beschädigen. Das Bankhaus Lampe KG erklärte, trotz der Konsolidierung des Agrarchemiemarktes gebe es keinen Anlass für Bayer zu einem übereilten Zusammengehen mit Monsanto. Es gebe genügend Möglichkeiten, andere Angebote zu besseren Preisen und mit geringeren Risiken wahrzunehmen.

Ein Zusammenschluss müsste auch von den Kartellbehörden genehmigt werden. Die US-Bank Morgan Stanley schätzt, dass Bayer-Monsanto 28 Prozent der Weltproduktion an Pestiziden halten würde, sowie 36 Prozent des Marktes für Mais- und 28 Prozent dessen für Soja-Saatgut in den USA.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal