Haus der Gesundheit wird meistbietend verhökert

Die AOK will Kasse machen / Zukunft des Ärztehauses ungewiss

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Jahren wird um die älteste Poliklinik der Stadt gerungen, nun will die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) die Immobilie zu einem guten Preis loswerden.

Ende Juni soll es so weit sein. Dann will die AOK den Verkauf des Hauses der Gesundheit in der Karl-Marx-Allee in Mitte unter Dach und Fach haben. Nach »nd«-Informationen verhandelt die Krankenkasse noch mit zwei Bietern, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) ist nicht mehr darunter. Und das, obwohl sie in den Verhandlungen das Gebot erhöht hatte. Vonseiten der AOK wird argumentiert, dass die anderen Bewerber insofern bessere Karten hätten, weil sie fast 100 Prozent der Flächen für Gesundheitsdienstleistungen nutzen wollen, während das landeseigene Wohnungsunternehmen nur die Hälfte dafür vorsah. So wie es in der Ausschreibung stand.

Damit scheinen die Hoffnungen, die momentan mit drei Allgemeinmedizinerinnen und einem Urologen eher siechende Poliklinik wieder zu einem vollwertigen Gesundheitszentrum zu machen, enttäuscht zu werden. Der große Aderlass erfolgte 2014, als 15 der dort ansässigen Ärzte mit ihren Praxen zum Ambulatorium einer Tochter der Unfallklinik nach Marzahn-Hellersdorf umzogen.

»Es kann doch nicht sein, dass in der heutigen Zeit, in der alle von Daseinsvorsorge reden, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft soziale Infrastruktur privatisiert«, sagt die Abgeordnete Carola Bluhm (LINKE). Die Direktwahlkandidatin für den Wahlkreis 2 in Mitte kämpft seit Jahren für den Erhalt des Ärztehauses. Ein Problem ist in ihren Augen die aus dem wahrscheinlich hohen Kaufpreis resultierende Miete. Außerdem böten private Vermieter nicht so eine Bestandssicherheit wie Unternehmen der öffentlichen Hand. »Wir sehen das an der Wilhelmstraße. Die Mieter haben lebenslanges Wohnrecht bekommen und später wurde eine Abrissgenehmigung für die Häuser erteilt.«

Obwohl Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) beim Seniorenparlament im Oktober 2015 noch verkündet hatte, dass das Haus von der AOK an eine öffentliche Gesellschaft verkauft sei, äußert sich seine Verwaltung nun mit dem sehr nichtssagenden Hinweis, dass laut Ausschreibung auch künftig mindestens 50 Prozent des Hauses für die ärztliche Versorgung bereitzustellen sind.

»Wir wollen und können der AOK nicht vorschreiben, an wen sie verkauft«, heißt es bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Man habe sich für den Erhalt des Standortes eingesetzt und hoffe daher, »dass eine gute Lösung im Sinne der Patientenversorgung gefunden wird«.

Wegen des laufenden Verfahrens will sich man bei der Krankenkasse zu den Kaufinteressenten gegenüber »nd« nicht äußern. Die AOK versichert jedoch, die ärztliche Versorgung der Bevölkerung vor Ort wird weiter in gewohnter Weise gewährleistet sein: »Egal, welcher Bieter die Immobilie letztlich auch erwerben wird.«

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