Wenn der letzte Laden schließt

In Bayern gibt es bereits in jeder vierten Kommune kein Lebensmittelgeschäft mehr

  • Lesedauer: 3 Min.
Es gibt immer mehr größere Supermärkte in den Städten - und immer weniger Lebensmittelläden auf dem Land. Eine SPD-Anfrage fördert zutage, wie viele Kommunen in Bayern »unversorgt« sind.

München. In jeder vierten bayerischen Gemeinde gibt es keinen einzigen Lebensmittelmarkt mehr. Und in 158 der betroffenen 510 Kommunen gibt es nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Landtags-SPD hervor. Demnach ging die Anzahl der Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte in Bayern in den vergangenen zehn Jahren von 6501 auf 5883 zurück - und das, obwohl die Bevölkerungszahl zwischen 2005 und 2015 um 2,3 Prozent wuchs. Über die Zahlen hatte als erstes der Bayerische Rundfunk berichtet.

»BR Data« hat die Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium umfassend aufbereitet. Demnach sind Oberfranken und die Oberpfalz am stärksten vom Supermarktsterben betroffen - dort nahm die Zahl der Geschäfte um rund ein Fünftel ab. Große Unterschiede gibt es ganz grundsätzlich zwischen Stadt und Land: Während die Anzahl der Geschäfte in München und anderen Städten in den vergangenen Jahren noch zunahm, machte in einigen Landkreisen sogar rund ein Drittel der Läden dicht.

Am stärksten betroffen sind demnach die Landkreise Neustadt an der Waldnaab (minus 37 Prozent), Hof (minus 34 Prozent) und Bad Kissingen (minus 34 Prozent). In 16 weiteren Landkreisen mussten nach BR-Angaben zwischen 20 und 30 Prozent der Supermärkte schließen.

Vom Ladensterben besonders betroffen ist oftmals das direkte Umland von Städten. In Landshut gibt es nach einer Übersicht von »BR Data« heute vier Geschäfte mehr als noch vor zehn Jahren - während es im direkten Umland zwölf weniger sind. Ähnlich das Bild in Rosenheim: Dort nahm die Zahl der innerstädtischen Lebensmittelmärkte um drei zu - während es im direkten Umland heute 17 Geschäfte weniger gibt. Am meisten Gemeinden ohne Supermarkt gibt es aktuell im Kreis Donau-Ries (20) sowie in den Landkreisen Ansbach und Main-Spessart (je 16).

Aus den Zahlen des Wirtschaftsministeriums geht auf der anderen Seite hervor, dass die Geschäfte gemessen an der Fläche immer größer werden: Die durchschnittliche Verkaufsfläche stieg von 708 Quadratmetern im Jahr 2005 auf 929 Quadratmeter im vergangenen Jahr. Abhilfe erhoffen sich viele Kommunen durch sogenannte Dorfläden, die auf Initiative von Bürgern, Gemeinden oder sozialen Organisationen entstehen. In den vergangenen zehn Jahren wurden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in 109 Gemeinden solche Dorfläden gegründet. Der SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Adelt forderte staatliche Unterstützung für die bayerischen Kommunen, die vom Supermarktsterben betroffen sind. »Wenn Marktmechanismen dazu führen, dass die Nahversorgung in der Fläche gefährdet ist, muss es Aufgabe der öffentlichen Hand sein, etwas dagegen zu tun«, betonte Adelt.

Alexander Muthmann (Freie Wähler) mahnte: »Wenn wir den Einzelhandel in der Fläche Bayerns erhalten und Versorgungslücken schließen wollen, müssen wir stärker in die dörfliche Infrastruktur investieren.« Der Grünen-Politiker Markus Ganserer gab der CSU wegen einer Änderung im Landesentwicklungsprogramm - einer Erhöhung der zulässigen Verkaufsfläche von Supermärkten - eine Mitschuld. »Die großen Supermärkte auf der grünen Wiese gefährden damit die Nahversorgung in den umliegenden Ortskernen«, kritisierte er. dpa/nd

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