Seltene Einigkeit

Verbände und Gewerkschaft sehen Koalition am Zug

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist eine seltene Einmütigkeit, die alle zusammenschweißt, die mit dem Thema Wohnen in diesem Lande ganz praktisch befasst sind. Die Tatsachen - 800 000 bis eine Million Wohnungen fehlen in Groß- und Universitätsstädten sowie Ballungszentren, die aktuellen Fertigstellungszahlen dümpeln mit 247 724 neugebauten Wohnungen weit hinter dem ermittelten Bedarf von 400 000 jährlich nötigen her - rufen Bauindustrie, Mieterbund, Wohnungswirtschaft und Gewerkschaft IG BAU gleichermaßen auf den Plan.

»Die Politik steuert geradewegs in eine Wohnungsnot hinein. Niedrigverdiener haben in Metropolen schon heute keine Chance mehr auf eine bezahlbare Bleibe. Zunehmend sind aber auch Doppelverdiener und Bezieher von mittleren Einkommen nicht mehr in der Lage, die horrenden Mieten zu zahlen. Deshalb brauchen wir dringend mehr bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen in Ballungsräumen«, fordert IG BAU-Chef Robert Feiger.

Die Politik sei am Zuge, Gas geben statt bremsen müsse das Motto jetzt lauten. »Statt den Neubaumotor endlich anzuwerfen, sorgt die Politik mit einer immer weiter steigenden Auflagenflut und fehlenden Anreizen für den Wohnungsbau dafür, dass die Dynamik bei den Wohnungsfertigstellungen schon wieder deutlich abebbt«, warnt der Präsident des Wohnungswirtschafts-Spitzenverbandes GdW, Axel Gedaschko.

Es sei absurd, dass der Gesetzgeber, der seit Jahren höchstselbst mit Grundstückskosten und Überregulierungen die Baukosten am meisten in die Höhe treibt, bei der Förderung jetzt so lange zögere. »Eine schnelle Lösung muss noch im Sommer 2016 her«, stellt der frühere Präsident des Hauptverbandes der Bauindustrie, Thomas Bauer, eine Art Ultimatum.

Doch noch hat die Große Koalition keine Lösung im Streit um die geplante Sonderabschreibung zur Ankurbelung des Wohnungsbaus gefunden. SPD und Union liegen seit Wochen vor allem wegen einer Mietobergrenze im Clinch. Die zuständige Bundesbauministerin Barbara Hendricks hat zwar unlängst angekündigt, der würde bald beigelegt - aber ob das zu Wochenbeginn bei einem Treffen der Vizefraktionschefs der Regierungsparteien gelingt, im Finanzausschuss erneut debattiert oder in einer der beiden verbleibenden Sitzungswochen des Bundestages vor der Sommerpause abgesegnet werden kann, steht noch in den Sternen. Gewiss aber ist - und dies scheint eine zusätzliche Erklärung für die seltene Einigkeit aller Verbände: Was in diesem Sommer nicht über die Bühne geht, dürfte ab Herbst in den beginnenden Wahlkampf und womöglich unter die Räder geraten.

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