Geldverweigerer

Florian Westphal von Ärzte ohne Grenzen sagt Nein zu EU-Mitteln.

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Als die EU im März ihren Flüchtlingspakt mit der Türkei schloss, fand die Organisation Ärzte ohne Grenzen deutliche Worte der Kritik: »Das einzige Ziel des Paktes ist es, Menschen daran zu hindern, nach Europa zu kommen«, sagte Aurélie Ponthieu, die Expertin für Flucht und Migration der medizinischen Nothilfeorganisation.

Am Freitag, drei Monate später, schilderte Florian Westphal, seit 2014 Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, was seinen Mitarbeitern vor Augen steht: »Die verheerenden Auswirkungen der EU-Abschottungspolitik für Menschen auf der Flucht, besonders für verletzliche Gruppen wie Schwangere, Kinder und unbegleitete Minderjährige, erleben unsere Teams täglich - in Europa, an dessen Außengrenzen und bis in die Herkunftsländer hinein.« 8000 Schutzsuchende sitzen als direkte Folge des EU-Türkei-Deals auf den griechischen Inseln fest, so der 50-Jährige, der nach einem Politik- und Ökonomiestudium zunächst als Hörfunkjournalist gearbeitet hatte.

Die Konsequenz: Es werden keine Gelder mehr bei jenen beantragt, die für dieses Elend verantwortlich sind. Das betrifft in erster Linie die EU, aber auch die deutsche Regierung, die den EU-Türkei-Deal als Erfolg bezeichnet habe. Die zu erwartenden Mindereinahmen von jährlich 50 Millionen sind kein Pappenstiel. Kompensiert werden sollen sie durch Privatspenden.

Es ist nicht das erste Mal, dass die 1971 gegründete Organisation mit politischer Kritik und der Auswahl ihrer Geldgeber auffällt. Als Peer Steinbrück 2013 Ärzte ohne Grenzen eine Spende in Höhe von 300 000 Euro in Aussicht stellte, sagte man »Nein, danke«. Als die US-Besatzungstruppen in Afghanistan mit ihrer zivil-militärischen Zusammenarbeit die Gefahr für humanitäre Organisationen erhöhte, zog man sich 2004 phasenweise aus dem Land zurück.

Die Ankündigung von Westphal, künftig EU-Gelder zu verweigern, zeigte bei der EU-Kommission wenig Wirkung. Einer ihrer Sprecher verwies auf die Rechtmäßigkeit des EU-Türkei-Paktes, vermied es jedoch, auf die Kritik einzugehen.

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