Grüne wollen Massentierhaltung abschaffen

Fraktionschef Hofreiter: Umstellung der Landwirtschaft soll innerhalb der nächsten 20 Jahre erfolgen / Strategiepapier in Hannover vorgestellt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Ambitionierte Ziele: Die Grünen wollen nach den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter langfristig ein komplettes Verbot von Massentierhaltung durchsetzen. »In Deutschland brauchen wir keine Ställe mit 10.000 Schweinen oder 40.000 Hühnchen«, sagte Hofreiter in einem Interview mit der »Bild am Sonntag«. »Wir wollen Massentierhaltung in den nächsten 20 Jahren abschaffen.«

In diesem Zeitraum wolle man »100 Prozent faire Tierhaltung« erreichen. Ein Fortschritt wäre es nach Hofreiters Worten bereits, wenn Schweine statt auf kaltem Beton auf Stroh gehalten würden. Fleisch aus »fairer Tierhaltung« sei nur drei bis sechs Prozent teurer als die konventionell produzierte Massenware. Um den Verbraucher besser zu informieren, fordert Hofreiter eine Kennzeichnungspflicht wie bei Eiern, das ingesamt vier Studen umfassen soll. Während die »0« dabei für eine ökologische Tierhaltung stehe, soll eine »3« lediglich die Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards garantieren.

Der Grünen-Politiker hatte bei der Vorstellung seines Buchs »Fleischfabrik Deutschland« Anfang Juni kritisiert, dass in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland »Mega-Ställe« entstanden seien mit extrem negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Zwar gehe der Fleischkonsum in Deutschland zurück, die Produktion steige aber weiter und gehe immer mehr in den Export.

Am Samstag hatte Hofreiter im niedersächsischen Hannover auf einer Agrarkonferenz der Bundestagsfraktion einen von ihm und den beiden Grünen-Poltitikern verfassten »Pakt für faire Tierhaltung« vorgestellt. In der elfseitigen Strategiepapier stellen die Autoren konkrete Maßnahmen vor, durch die die Tierhaltung in Deutschland verändert werden soll. So sollen die Bauern mit jährlich 1,3 Milliarden Euro aus EU- und Bundesmitteln unterstützt werden, wenn sie aus der Massentierhaltung aussteigen wollen. Durch die finanziellen Hilfen soll unter anderem der Umbau der Ställe finanziert werden.

Auch über die Zahl der Tiere in Großställen wird bei den Grünen eifrig diskutiert: Erst Anfang Juni hatte sich der Thüringer Landeserverband auf konkrete Vorgaben verständigt: Der Landesparteirat stimmte einem Antrag zu, wonach Betriebe künftig noch maximal 1500 Plätze für Mastschweine haben und nicht mehr als 14.400 Hähnchen halten dürfen. Bei Legehennen soll die maximale Zahl demnach bei 12.000 Tieren liegen.

Auch soll Kommunen ein deutlich größeres Mitspracherecht beim Bau neuer Ställe eingeräumt werden. Plant ein Bauer die Errichtung einer Anlage für mehr als 1000 Mastschweine, müssten die Absichten laut Hofreiters Strategiepapier vom zuständigen Gemeinderat mehrheitlich abgesegnet werden.

Keinen Eingang in das Strategiepapier fand dagegen der Vorschlag des Co-Autoren Ostendorff, Mindestpreise für Fleisch im Supermarkt festzusetzen. »Wir brauchen Mindestpreise und müssen Dumpingpreise verbieten«, so der Agrarexperte vor einigen Tagen in der »Saarbrücker Zeitung«. »Für 2,99 Euro kann niemand ein Kotelett gewinnbringend produzieren, bei dem es dem Tier auch noch gut gegangen ist.« Hofreiter hatte die Pläne seines Parteikollegen zurückgewiesen: »Ich halte staatlich verordnete Mindestpreise nicht für den richtigen Weg.« Besser wären fairere Marktstrukturen und die Neuverteilung von Fördergeldern, so der Fraktionschef. rdm mit Agenturen

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