nd-aktuell.de / 18.08.2016 / Kultur / Seite 14

Die Traditions-Leinwand

Die Eva Lichtspiele in Wilmersdorf gehören zu den ältesten Kinos der Stadt

Kira Taszman

Mit seinen stolzen 103 Jahren ist das Wilmersdorfer Kino »Eva Lichtspiele« eines der ältesten noch betriebenen Filmtheater der Stadt. Auch sonst funktioniere hier einiges anders, erklärt Kinoleiter Karlheinz Opitz: »Hier geht es zu wie im Tante-Emma-Laden.« Auch in Zeiten des Internets rufen viele Menschen hier für Programminfos noch per Telefon an (manche schon um 6 Uhr früh), plaudern gern oder halten ein Schwätzchen, wenn sie vorbeikommen. Mit von der Partie sind alle Altersgruppen, aber auch die sprichwörtlichen Wilmersdorfer Witwen, die sich bei Opitz nach dem Nachwuchs oder den Geschäften erkundigen.

Einladend ist das Ambiente des »Eva« allemal. In der Vitrinenfront vor dem Kino hängen sechs bis acht Plakate der aktuellen Filme und locken so auch Kundschaft von der 40 Meter entfernten, fast 90 Jahre alten, Traditions-Eisdiele »Monheim« an. Im Foyer steht der halbrunde Tresen samt Popcorn- und Kaffeemaschine. Hier kann man auch Knabbereien oder Bio-Schorlen erstehen und sich damit vor Beginn der Vorführung an kleine Tische setzen.

250 Plätze fasst der einzige, aber schmucke Saal des Kinos. Etwa 220 davon können ohne Sichtbehinderung durch die zwei Säulen verkauft werden, Wein kann man dort auch schlürfen. Um das Sommerloch zu füllen, hat Opitz zwar in den letzten Wochen den Hollywood-Zeichentrickfilm »Pets« programmiert. Doch ab Mitte August laufen hier wieder Filme, die typischer für das Programmkino sind: »keine verquaste Kunst oder elitäres Kino« (Opitz), sondern gepflegtes Arthouse: so etwa die in Cannes gefeierte Vater-Tochter-Tragikomödie »Toni Erdmann« oder der Aussteiger-Familienfilm »Captain Fantastic«. Das Gros der Filme wird als Nachspiel ein paar Wochen nach Filmstart gezeigt.

Auch Premieren präsentiert das Eva, ein- bis zweimal pro Monat. Meist sind es Dokus, deren Regisseure zum Gespräch erscheinen. Als weiteres Markenzeichen des Eva hat sich die Reihe »Der alte deutsche Film« etabliert. Jeden Mittwoch um 15.45 Uhr gibt es hier bei einem Stück Kuchen ein Wiedersehen mit UFA-Stars wie Brigitte Horney oder Heinz Rühmann. Da die Filme mehrheitlich zu NS-Zeiten produziert wurden, erfolgt stets eine Einleitung des Kurators Martin Erlenmaier, der über historischen Kontext, Problematiken oder Biografisches der Beteiligten informiert. Das Dreiecks-Liebesdrama »Verklungene Melodie« (1938) läuft hier demnächst, aber auch ein Frühwerk des später in die USA emigrierten Meisterregisseurs Robert Siodmak.

Für diese Projektionen hat Opitz sein ansonsten digital operierendes Kino mit einem 35-Millimeter-Projektor aufgerüstet. Die Kopien der analogen Filme stammen aus der Murnau-Stiftung in Wiesbaden oder aus dem Bundesarchiv vom benachbarten Fehrbelliner Platz - früher transportierte Opitz sie sogar mit dem Fahrrad ins Kino.

Natürlich muss sich sein Betrieb auch rechnen. Nicht unerhebliche Kosten entfallen für Miete, Mitarbeitergehälter, Strom oder Filmförderungsabgabe. Aber 42 000 Besucher pro Jahr schafft das Eva. Der Laden läuft also bei diesem einen von nur noch zwei Wilmersdorfer Kinos, das auch etliche Kinderfilme zeigt und ein Herz für Nostalgiker hat: Bald soll es eine Filmschau über den kürzlich verstorbenen, sympathischen Haudrauf Bud Spencer geben.

A propos Nostalgie: Zuweilen schildern ältere Besucher, wie sie sich als Jugendliche hier hereingeschmuggelt oder ihre erste Liebe erlebt hätten. Als eine 60-Jährige erzählte, sie sei als Kind schon hergekommen, antwortete ihr Opitz: »Nichts für ungut, aber das erzählen mir auch Leute, die 30 Jahre älter sind als Sie.«

Eva Lichtspiele, Blissestr. 18, Wilmersdorf, Tel.: 030-92 25 53 05; Eintrittspreise: normal 8 Euro, Kinder 5, ermäßigt 7, dienstags 5 Euro, infos und Programm unter www.eva-lichtspiele.de[1]

Links:

  1. http://www.eva-lichtspiele.de