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Feiern verboten: Kurden melden Demonstration in Köln an

Nach umstrittener Absage des Kulturfestivals: Scharfe Kritik von Linkenchefin Kipping an deutschen Behörden / Kurdische Gemeinde mahnt Zurückhaltung auf

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Anstelle des abgesagten kurdischen Kulturfestivals in einem Kölner Stadion soll es jetzt eine Großdemonstration in der Domstadt geben. Ein Sprecher der Polizei bestätigte, dass der Aufmarsch für den 3. September angemeldet worden sei. Einzelheiten stünden aber noch nicht fest. An dem Tag hätte auch die Veranstaltung in dem Stadion stattfinden sollen, die die Vereinigung Nav-Dem organisieren wollte. Auf Drängen der Kölner Polizei hatte sich der Stadionbetreiber von den Verhandlungen über die Veranstaltung zurückgezogen. Die Polizei befürchtete Gegenreaktionen türkischer Gruppen, die den autoritär agierenden Präsident Tayyip Recep Erdogan unterstützen. Erdogan-Anhänger haben ihrerseits Ende Juli eine große Demonstration in Köln veranstalten können.

Kritik an Verbot eines kurdischen Kulturfestes in Köln
Veranstalter Nav-Dem ruft zu Protesten in verschiedenen Städten auf

Die Linkenvorsitzende Katja Kipping übte scharfe Kritik am Agieren der Behörden. »Dieses Vorgehen deutscher Sicherheitsbehörden stärkt das AKP-Regime. Es ist klar, dass es hier nicht um die Sicherheit der Menschen, sondern um einen Liebesdienst für den Partner in der Flüchtlingsabwehr, Erdogan, geht«, so die Abgeordnete. »Erst Ende Juli konnten zehntausende Nationalisten und Fundamentalisten ungehindert mitten in Köln aufmarschieren, sich mit einer Diktatur solidarisieren und offen gegen Minderheiten hetzen«, sagte Kipping. Dagegen werde es nun zehntausenden Kurden und türkischen Linken »von der deutschen Polizei untersagt, ein Festival für Frieden, Freiheit und Demokratie im Kölner Stadion zu feiern. Das zeigt: Der Pakt mit Erdogan beschädigt inzwischen auch die Demokratie in unserem Land. Das muss aufhören«, sagte die Linkenpolitikerin.

Rund 800 Kurden haben am Samstag in Düsseldorf friedlich für die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei und die Freilassung des dort inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan demonstriert. Auf Transparenten und Fahnen forderten die Teilnehmer der mehrstündigen Kundgebung »Freiheit für Öcalan und Frieden für Kurdistan«. Hunderte Fahnen mit dem Konterfei des Chefs der verbotenen Kurdenorganisation PKK wurden dabei geschwungen. Die Demonstranten forderten auf Flugblättern unter anderem »Hände weg von Öcalan«. Seit dem Putschversuch in der Türkei sei die kurdische Bevölkerung um den Zustand Öcalans besorgt, hieß es. Bislang hätten die türkischen Behörden jeglichen Besuch bei dem seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Kurdenführers untersagt. Das Schicksal Öcalans und der Ausweg aus der permanenten Krise in der Türkei seien eng miteinander verknüpft. Bei der Abschlusskundgebung am Düsseldorfer Landtag verlangten die Demonstranten auch die Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei. »Nur auf diesem Wege kann sich die Türkei aus ihrem Zustand der Dauerkrise und Instabilität befreien«, sagte ein Sprecher. Zu der Demonstration hatte das Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland (Nav-Dem) aufgerufen.

Derweil hat die Kurdische Gemeinde Deutschland zur Zurückhaltung aufgerufen. Es sei kontraproduktiv und schade dem berechtigten Anliegen des kurdischen Volkes auf Freiheit und Gleichberechtigung, wenn kurdische Gruppen in hierzulande verbotene Aktionen durchführten. Der Bundesvorsitzende Ali Ertan Toprak sagte in Gießen, der kurdische Konflikt dürfe nicht wie in den 1990er Jahren auf deutschen Straßen ausgetragen werden. »Weder ein Stellvertreter-Krieg auf deutschem Boden noch eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen verschiedenen politischen oder ethnischen Gruppen kann in unserem Interesse sein«, so Toprak. So etwas werde »von der Kurdischen Gemeinde Deutschland mit aller Konsequenz abgelehnt«.

Die KGD versteht sich als Dachverband der Kurden in Deutschland. Nach ihren Angaben leben hierzulande etwa 1,2 Millionen Menschen kurdischer Abstammung. Zuletzt hatten rund 30 Kurden für knapp zwei Stunden das Landesstudio des Westdeutschen Rundfunks in Düsseldorf besetzt. Sie wollten auf die politische Lage in der Türkei hinweisen und verließen das Gebäude später freiwillig. Laut KGD war es außerdem zu Besetzungen einer Kirche in Hamburg und des Österreichischen Rundfunks in Wien durch zumeist kurdische Jugendliche gekommen. In Kassel zündeten nach Polizeiangaben am Mittwochabend junge Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK Reifen an und schossen Feuerwerkskörper ab. Agenturen/nd

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