Streit um Wasser und Energie

Usbekistan und Tadshikistan kommen aus ihrem Dauerkonflikt nicht heraus

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Energie und Wasser gibt es reichlich in der Region. Sie sind jedoch ungleich verteilt. Seit Ende der Sowjetunion, die für Ausgleich sorgte, setzen deren selbstständig gewordene Erben beides gern als Druckmittel ein. Die an Öl und Gas reichen Staaten der Ebene - Usbekistan und Turkmenistan - drohen inzwischen gewohnheitsmäßig mit Lieferstopp von Energie und ließen auch schon Taten folgen. Sie wollten neue Wasserkraftwerke in den Bergstaaten - Tadshikistan und Kirgistan - verhindern.

Dort entspringen die großen Flüsse der Region. Werden sie abgeriegelt, kommt nicht mehr genug für die Landwirtschaft in der Ebene an. Und Baumwolle, dort quasi Monokultur, ist äußerst durstig. Wasserkraft ist jedoch für die rohstoffarmen Bergrepubliken die einzige Möglichkeit, Strom zu erzeugen. Derzeit heizt vor allem das neue Kraftwerk am Wachsch die Spannungen an. Im Herbst wird der Staudamm geschlossen, 2018 sollen die Turbinen angeworfen werden.

Schon 1976 begann die Sowjetunion den Bau, wegen Ebbe in den Kassen standen zehn Jahre später alle Bagger still. 2004 übernahm der russische Mischkonzern RUSAL, 2007 zerriss Tadshikenpräsident Emomali Rachmon den Vertrag und schrieb das Vorhaben neu aus. Den Zuschlag bekam ein italienisches Unternehmen. Mit ihm will Tadshikistan im September auch den Vertrag über eine zweite Ausbaustufe unterzeichnen. Je näher der Tag rückt, desto schriller werden die Töne zwischen Duschanbe und Taschkent.

Um zu verhindern, dass der Streit um Wasser zum Krieg eskaliert, müssten Energieprojekte an grenzüberschreitenden Flüssen mit allen Anrainern abgestimmt werden, verlangt Usbeken-Präsident Islam Karimow. Ähnlich äußerte sich sein turkmenischer Amtskollege Gurbanguly Berdimuhamedow. Usbekistans Premier Schavkat Mirsijew wedelte mit einem Gutachten der Weltbank, die vor »enormen Risiken« warnt und sich an der Finanzierung daher nicht beteiligt. Sein Kollege in Duschanbe konterte mit dem Gegengutachten einer US-Engineering-Firma, die den 330 Meter hohen Staudamm für sicher erklärt. Beide haben bereits neue Gutachten in Auftrag gegeben. Moskau, das in dem Streit aus politischer Zweckmäßigkeit schon mehrfach die Fronten wechselte, schwieg lange, schlägt sich jedoch nun erneut auf die Seite Usbekistans, das strategisch wichtiger und langfristig attraktiver ist.

Experten - auch selbsternannte - machen in russischen Medien Projekt, Bauherrn und Auftragnehmer nieder. Die Inbetriebnahme 2018 sei nicht realistisch. Die Stromproduktion könne erst anlaufen, wenn genug Wasser aufgestaut wurde. Das könne zehn bis 15 Jahre dauern. Auch hätten die Italiener die politischen Risiken im instabilen Tadshikistan unterschätzt und sich mit der Beteiligung an der Vorfinanzierung wirtschaftlich übernommen. Derzeit werden die Kosten auf vier Milliarden Euro veranschlagt. Das bitterarme Tadshikistan will sie abstottern. Vor allem mit Erlösen aus der Stromproduktion.

Das Kraftwerk am Wachsch, glauben Kritiker, werde ohne energieintensive Großindustrie nie rentabel werden. Tadshikistans Aluminiumhütten gehören zwar dazu, deren Strombedarf würden jedoch bereits bestehende Wasserkraftwerke decken. Auch sei der Export der Überschüsse bisher nicht geregelt.

Afghanistan und Pakistan haben dankend abgelehnt. Obwohl die USA weder Mut noch Mühe sparten, um den Deal zu vermitteln. Washington unterstützt das Kraftwerksprojekt. Allerdings nur moralisch und nicht ganz uneigennützig.

Seit Jahren bemühen sich Pentagon und State Department um Nutzungsrechte für tadshikische Luftwaffenstützpunkte für den Afghanistaneinsatz. Staatschef Rachmon wollte sich mit Rücksicht auf Russland bisher nicht festlegen. Jetzt stehen die Chancen gut. Noch bevor Moskau sich erneut für Usbekistan erwärmte, hatte sich das russisch-tadshikische Verhältnis merklich abgekühlt.

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