Wenn der Scheidungsantrag zurückgezogen wird ...

Erbrecht

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Hat sich der Überlebende nämlich vor dem Erbfall scheiden lassen oder einen Scheidungsantrag gestellt, dem der andere zugestimmt hat, erlischt das Erb- recht. Den Scheidungsantrag nach dem Todesfall schnell zurückzuziehen, ändert daran nichts. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH das Oberlandesgericht Naumburg am 30. März 2015 (Az. 2 Wx 55/14).

Zum Hintergrund: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist der überlebende Ehegatte eines Verstorbenen dessen gesetzlicher Erbe. Welchen Anteil am Nachlass er bekommt, hängt davon ab, welche Verwandten es sonst noch gibt.

Zahl der Scheidungen erneut leicht zurückgegangen

Im vergangenen Jahr scheiterten in Deutschland rund 163 335 Ehen und damit 1,7 Prozent weniger als 2014. Von der Scheidung ihrer Eltern waren 2015 insgesamt rund 132 000 minderjährige Kinder betroffen.
51 Prozent der Scheidungsanträge stellten die Ehefrauen, 41 Prozent die Männer. Die übrigen Anträge wurden von beiden gemeinsam gestellt. In der Regel ging den Scheidungen eine Trennungszeit der Ehepaare von einem Jahr (82,9 Prozent) oder drei Jahren (15,8 Prozent) voraus. Die geschiedenen Ehen bestanden im Durchschnitt etwa 15 Ehejahre.

Der Altersdurchschnitt der Geschiedenen ist auch als Folge des späteren Heiratens um fast acht Jahre gestiegen. Männer sind bei einer Scheidung heute im Schnitt 46 Jahre, Frauen 43 Jahre alt.

2015 kamen in Deutschland auf 10 000 Ehen 91 Scheidungen. In Bremen waren es mit 110 bundesweit die meisten. Dahinter folgen Berlin (108 auf 10 000 Ehen), Schleswig-Holstein (100), Hamburg (99), Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (je 97), Rheinland-Pfalz und Saarland (je 94), Hessen 93, Brandenburg (88), Bayern (85), Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt (je 82) und Thüringen (81). Die wenigsten Scheidungen gab es in Mecklenburg-Vorpommern mit 73 Scheidungen auf 10 000 Ehen. Am zweitniedrigsten war die Quote in Sachsen (79). dpa/nd

Aber: Mit der Scheidung gibt es dieses Erbrecht nicht mehr. Es erlischt auch, wenn zum Zeitpunkt des Todes eines Ehegatten die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Der Fall: Ein Paar war verheiratet und hatte drei Kinder. Die Ehefrau hatte die Scheidung und das Sorgerecht für die Kinder beantragt. Sie erklärte dabei, dass das Paar schon seit sechs Jahren getrennt lebe - wenn auch noch auf dem gleichen Grundstück. Sie beantragte eine Härtefall-Scheidung ohne Trennungsjahr.

Ihr Mann sah zwar keinen Härtefall, willigte aber in die Scheidung ein. Einige Monate später starb der Mann.

Drei Tage nach seinem Tod beantragte die Ehefrau beim Nachlassgericht einen Erbschein zugunsten der drei Kinder, der auch erteilt wurde. Einen weiteren Tag später ging beim Familiengericht ein Schreiben der Frau ein: Sie habe sich mit ihrem Mann kurz vor seinem Tod wieder versöhnt. Wenig später nahm sie den Scheidungsantrag zurück und beantragte gleichzeitig einen neuen Erbschein - in dem sie selbst als Miterbin berücksichtigt werden wollte. Das Nachlassgericht lehnte dieses Ansinnen ab. Die Frau legte dagegen Rechtsmittel ein.

Das Urteil: Das Oberlandesgericht Naumburg entschied, dass der Frau kein Erbrecht zustehe. Der Mann habe ihre Angabe zu den sechs Jahren Trennung nicht bestritten, damit sei das Trennungsjahr erfüllt. Außerdem habe der Mann der Scheidung zugestimmt. Ihre einseitige Rücknahme des Scheidungsantrages könne nichts mehr daran ändern, dass ihr Erb- recht als Ehegattin entfallen sei. Entscheidend sei die Sachlage zum Zeitpunkt des Erbfalls, nicht, was danach noch passiere. D.A.S./nd

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