Verband warnt: Musikschulen überaltern

Sachsen-Anhalt: Unterricht auf dem Land gefährdet

  • Lesedauer: 2 Min.

Magdeburg. Georg-Friedrich Händel, Kurt Weill und Tokio Hotel gehören zu den bekanntesten Musikern aus Sachsen-Anhalt. In ihrem Schatten lernen Tausende junge Musikfans im Land, was Akkorde, Triolen und Punktierungen sind. Doch an vielen Musikschulen blicken die Verwaltungsmitarbeiter mit Bangen in die Zukunft. Denn ihnen fehlt vor allem junges, qualifiziertes Personal. Wie eine dpa-Umfrage ergab, steht mehr als ein Viertel der Musikschullehrer kurz vor der Rente.

Zu Jahresbeginn gingen 19 900 Mädchen und Jungen in 234 Orten im Land in eine Musikschule, sagte der Geschäftsführer des Landesverbandes der Musikschulen Sachsen-Anhalt, Christian Reineke. Die staatlich anerkannten Einrichtungen gibt es sowohl in Großstädten wie Halle als auch in ländlichen Regionen wie der Altmark.

Doch gerade auf dem Land zeichnet sich der Nachwuchsmangel bei qualifizierten Lehrern ab, wie Reineke erklärte. 2015 gab es in Sachsen-Anhalt knapp 930 Musikschullehrer. Davon waren fast 260 Lehrkräfte über 55 Jahre alt. »Über ein Viertel des gesamten Personals steht also unmittelbar vor der Verrentung«, sagte Reineke.

Das Hauptproblem sei dabei, dass nur der kleinere Teil der Lehrkräfte fest angestellt sei, sagte der Verbandschef weiter. Der Rest unterrichte auf Honorarbasis. Würden diese Lehrer aus Altersgründen gehen, klaffe eine Lücke. Denn: »Erfahrungsgemäß lassen sich junge Nachwuchslehrkräfte nur über neue, attraktive Festanstellungen binden.«

Das Problem kennt der Leiter der Musikschule »Johann Friedrich Fasch« Anhalt-Bitterfeld in Zerbst, Heiner Donath: »Von acht Festangestellten sind in den vergangenen Jahren zwei Lehrer in den Ruhestand gegangen. Wir suchen seit zwei Jahren einen Lehrer für Früherziehung für Kinder.« In ländlichen Gebieten wie Zerbst sei es aber schwer, Nachwuchs zu finden. Seine jungen Lehrer pendelten daher aus Leipzig oder Magdeburg nach Zerbst.

Auch im Altmarkkreis fehlt es an jungen Musikschullehrern. Noch sei das Alter der Lehrkräfte gut durchmischt, sagte eine Sprecherin der Kreismusikschule des Altmarkkreises Salzwedel. Doch die Jungen seien ebenfalls Pendler, sie kämen etwa aus Hamburg oder Berlin, um ein paar Stunden am Tag zu unterrichten.

Der Nachwuchsmangel könnte sich in den kommenden Jahren verschärfen, wie Reineke sagte. Die Verantwortung liegt nun vor allem in den Händen der Regierung. »Der Landeszuschuss wurde noch nie angehoben und wird deshalb, so der gegenwärtige Koalitionsvertrag, geprüft«, erklärte er. Auch Donath betont: »Es ist eine politische Aufgabe.« Wenn die Musikschulen mehr Geld bekämen, könnten junge Lehrer statt mit 17 Euro pro Stunde mit 25 Euro gelockt werden. dpa/nd

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