Rot-Rot-Grün will »auf höherer Ebene« diskutieren

Zeitung: »Dialog für eine progressive Politik« geplant / Drei Fraktionsvize im Bundestag laden zu bisher größtem Treffen von Abgeordneten

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

Politiker aus SPD, Linkspartei und den Grünen wollen den »Dialog für eine progressive Politik« und damit die Diskussion über die Chancen und Grenzen von Rot-Rot-Grün auf Bundesebene intensivieren. Der »Kölner Stadt-Anzeiger« berichtet über Pläne zu einem größer angelegten Meinungsaustausch, zu dem die Vizefraktionschefs Axel Schäfer (SPD), Caren Lay (Linkspartei) und Katja Dörner (Grüne) jeweils 30 Abgeordnete der drei Parteien für Mitte Oktober einladen wollen. Der Sozialphilosoph Oskar Negt soll bei dem Treffen sprechen, weitere inhaltliche Diskussionen seien geplant. »Wir wollen den rot-rot-grünen Dialog auf eine höhere Ebene heben«, zitiert das Blatt einen der Organisatoren.

Das Treffen wäre sowohl von der Dimension als auch von der offiziellen Anbindung her eine neue Qualität – nicht mehr nur kleinere Netzwerke von Politikern beraten hier über gemeinsame Möglichkeiten, sondern ein großer Kreis von Abgeordneten aller Parteien und über die jeweiligen Strömungen der Parteien hinweg sollen zusammenkommen.

In der Debatte über Rot-Rot-Grün hatte es zuletzt vor allem gegenseitige Vorhaltungen gegeben, laut der die jeweils anderen Parteien vor einer Kooperation erst diese oder jene Bedingung erfüllen müssten. Auch innerhalb der drei Parteien ist die Frage umstritten, ein Teil der Grünen tendiert eher zu einem Bündnis mit der Union, ein Teil der Linkspartei sieht keine Möglichkeiten für einen wirklichen Politikwechsel mit SPD und Grünen.

Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hatte unlängst erklärt, »natürlich wünsche ich mir eine andere Regierung, die den Sozialstaat wiederherstellt und eine friedliche Außenpolitik betreibt«. Zugleich hatte die Politikerin ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund ausgeschlossen, sollte die SPD die Agenda 2010 nicht zurücknehmen. »Die SPD will an vielen Ergebnissen der verheerenden Agenda-2010-Politik festhalten, etwa an prekären Jobs und Rentenkürzungen«, sagte sie. »Wenn die Sozialdemokraten darauf beharren, wird es keine gemeinsame Regierung geben. Wenn Gabriel die gleiche Politik macht wie Merkel, brauchen wir keinen Kanzler Gabriel.«

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte eine gemeinsame Regierung mit Linkspartei und Grünen zwar nicht ausgeschlossen, sagte aber, »Rot-Rot-Grün entscheiden allein die Wählerinnen und Wähler. Es wird in diesem Wahlkampf keine Koalitionsaussage geben«. Auch Linkenchefin Katja Kipping sieht Chancen für Rot-Rot-Grün. Einen Lagerwahlkampf schloss aber auch sie aus. Jede Partei müsse für ihre Vorstellungen kämpfen.

Auf Kritik waren Äußerungen wie die von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley gestoßen, die von der Linkspartei gefordert hatte, sich praktisch zwischen Sarah Wagenknecht und Dietmar Bartsch zu entscheiden - letzterer gilt in dieser Sprachlogik als Linksreformer und damit eher für die Sozialdemokraten zu akzeptierender Partner.

Es gibt aber auch noch eine andere Ebene der Debatte: Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin verwies unlängst darauf - und äußerte sich, obgleich zu den Befürwortern zählend, zurückhaltend über eine rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene. Warum? Er sehe derzeit dafür keine gesellschaftliche Mehrheit. »Derzeit gibt es im Bundestag bloß rechnerisch eine rot-rot-grüne Mehrheit«, sagt er. Aber in der Bevölkerung sei »das anders: 2013 stimmten 52 Prozent für Parteien rechts der Mitte. Diese Mehrheit ist bei den Landtagswahlen sichtbar größer geworden. Deutschland rutscht nach rechts«, so der Bundestagsabgeordnete.

In einer Umfrage von Emnid wünschten sich zuletzt 33 Prozent der Befragten am ehesten eine Neuauflage der Großen Koalition. Immerhin 25 Prozent der Bundesbürger favorisieren Rot-Rot-Grün, 15 Prozent der Befragten wollten am liebsten eine schwarz-grüne Regierung.

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