Digitalisierung belastet Familienleben und Gesundheit

DGB warnt vor Risiken durch digitale Arbeit / Arbeitnehmer sehen sich durch steigendem Leistungsdruck ausgesetzt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat vor Risiken zunehmend digitaler Arbeitsabläufe gewarnt. Die Digitalisierung der Arbeitswelt könne zwar für Entlastungen bei körperlicher Arbeit genutzt werden, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Es besteht aber die Gefahr, dass psychische Belastungen weiter zunehmen«, sagte Buntenbach.

Denn Arbeitstempo und Leistungsdruck könnten steigen, die Möglichkeiten zur Kontrolle von Beschäftigten würden einfacher, und entgrenzte Arbeitszeiten könnten in psychische Belastungen münden. Nötig sei ein politischer Gestaltungsrahmen, der neue Freiheiten ermögliche und gleichzeitig ausreichend Schutz für die Gesundheit biete.

Eine am Dienstag vorgestellte Studie der Universität St. Gallen unterstreicht unterdessen die gesundheitlichen Risiken für Arbeitnehmer. Demnach fühlt jeder vierte Angestellte sein Privat- und Familienleben durch seine Arbeitsanforderungen beeinträchtigt. Bei Menschen, die nach eigenen Angaben unter Digitalisierung leiden, sind es 39 Prozent. Digitalisierung berge auch Risiken für Leiden wie Burnout oder Kopfschmerzen, sagte Studienleiter Stephan Böhm. Die Studie entstand im Auftrag der Krankenkasse Barmer GEK in Kooperation mit der Zeitung »Bild am Sonntag«.

»Zwischen der Anzahl der Krankentage und dem Grad der Digitalisierung von Unternehmen besteht nur ein geringer Zusammenhang«, so die Studie. Digitalisierung sei kein Schreckgespenst, könne aber etwa emotionale Erschöpfung deutlich steigern, erläuterte Böhm. Vor allem wenn Digitalisierung, die Angst vor Jobverlust und eine schlechte Beziehung zum Chef zusammenkommen, dann sei der Druck auf die Betroffenen groß. Viele wollten dann möglichst durchgängig im Job präsent sein.

Technologie-Optimismus gibt es laut Studie vor allem bei den Jüngeren: 59 Prozent der unter 30-Jährigen sagen, dass die Technologie sie im persönlichen Leben produktiver macht - aber nur 46 Prozent der über 60-Jährigen. Doch Segen und Fluch liegen nah beieinander: Die Jungen sehen sich stärker gezwungen, schneller zu arbeiten (21 Prozent) und klagen darüber, mehr Arbeit verrichten zu müssen als eigentlich möglich (16 Prozent).

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mahnte, man müsse lernen, mit Smartphone und anderer Technik umzugehen - also auch die Geräte öfter einmal wegzulegen. Die Wirtschaft müsse den Beschäftigten auch ermöglichen, ihre Arbeitszeit weniger starr einzuteilen: »Ich glaube, wir können mehr selbstbestimmte Arbeitszeit ermöglichen.« Die SPD-Politikerin will im November ein Weißbuch zum Thema Arbeiten 4.0 vorlegen, also zum Arbeiten in der Digitalära - auch mit »einigen konkreten Vorschlägen« etwa zur Alterssicherung in der Digital-Ära, wie sie ankündigte.

Die SPD-Sozialpolitikerin Katja Mast mahnte: »Es darf nicht dazu kommen, dass Freiräume und Erholungsmöglichkeiten in der Freizeit verloren gehen.« nd/Agenturen

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