nd-aktuell.de / 08.10.2016 / Politik / Seite 6

Aleppo bald »komplett zerstört«

UN-Sicherheitsrat berät über Lage in der syrischen Stadt

Beirut. Vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu Syrien haben die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad ihren Vormarsch in der syrischen Stadt Aleppo fortgesetzt. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete von Kämpfen in mehreren Stadtvierteln. Im südlichen Stadtteil Scheich Said nahm die Armee demnach einen Hügel ein, doch die Rebellen eroberten andere Teile des Stadtviertels zurück. Die Angaben der den Aufständischen nahe stehenden Beobachtungsstelle, die sich auf Mitarbeiter vor Ort beruft, können von unabhängiger Seite nur schwer überprüft werden.

In dem von den Rebellen mit Raketen beschossenen westlichen Stadtteil Midan wurden vier Menschen getötet, wie das syrische Staatsfernsehen berichtete. Zugleich verließen demnach Menschen den von den Rebellen gehaltenen Ostteil Aleppos über sogenannte humanitäre Korridore. Die Zahl der Menschen im Osten Aleppos wird auf gut 250 000 geschätzt. In dem von der Regierung kontrollierten Westteil sollen sich etwa 1,2 Millionen Menschen befinden.

Bei der Sitzung des Sicherheitsrats wollte der Syriengesandte der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, UN-Diplomaten zufolge per Videoschaltung über die Lage im umkämpften Aleppo berichten. De Mistura hatte zuvor gewarnt, der Osten von Aleppo werde bis Ende des Jahres »komplett zerstört« sein, sollten die Regierungstruppen ihre Angriffe wie bisher fortsetzen.

Die verbliebenen Kliniken in den Rebellengebieten Aleppos sind der Organisation Ärzte ohne Grenzen zufolge seit Juli mindestens 23 Mal angegriffen worden. Im Osten der Stadt sei der Zugang zu medizinischer Versorgung »extrem begrenzt«, erklärte die Gruppe. Die acht Kliniken würden von der großen Zahl an Verletzten erdrückt. »Die Menschen sterben sprichwörtlich auf dem Boden der Einrichtungen«, hieß es. »Die Situation ist untragbar«, sagte der Syrien-Verantwortliche der Organisation, Carlos Francisco. »Die wenigen verbleibenden Ärzte mit der Fähigkeit, Leben zu retten, sehen ebenfalls dem Tod ins Auge.« Agenturen/nd