Fliegen mit Brennstoffzelle

Forschungsflugzeug «HY4» soll Möglichkeiten für eine klimaneutrale Luftfahrt ausloten. Von Friederike Meier

  • Friederike Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Testflug hat wunderbar geklappt, das Flugzeug ist eine sehr schöne Runde geflogen«, schwärmt Johannes Schirmer. Der Ingenieur gehört zu einem Projektteam des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das auf dem Stuttgarter Flughafen eine Weltpremiere feierte: den ersten offiziellen Flug des viersitzigen Passagierflugzeugs »HY4«, das nur mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle und einer Batterie betrieben wird.

In der Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff, der in einem Speicher mitgeführt wird, mit Sauerstoff und erzeugt direkt elektrische Energie. Dabei entstehen keine schädlichen Emissionen - nur Wasser. Der gewonnene Strom treibt über einen Elektromotor den Propeller des Flugzeugs an. Eine Lithium-Ionen-Batterie liefert in kritischen Phasen zusätzlich Strom - etwa beim Start oder bei Steigflügen. Wenn der für die Brennstoffzelle benötigte Wasserstoff und der Ladestrom der Batterie aus erneuerbaren Energiequellen kommen, bewegt sich das Flugzeug theoretisch emissionsfrei fort.

Mit Flugzeugen, die keine Emissionen verursachen, wäre viel für den Klimaschutz getan: Zurzeit trägt der Flugverkehr weltweit rund vier Prozent zur globalen Erwärmung bei, wenn man neben dem CO2 im Abgas auch die zusätzliche Treibhauswirkung durch Wasserdampf, Ruß und Stickoxide in großer Höhe einbezieht. Als aussichtsreich gelten kleine, batteriebetriebene Elektroflugzeuge wie die Modelle »E-Fan« und »E-Genius« von Airbus oder Hybrid-Flugzeuge, bei denen die Batterien unterwegs von einem - allerdings mit Brennstoff betriebenen - Generator geladen werden.

Im Vergleich zu anderen Flugzeugen ohne Verbrennungsmotor - wie dem Solarflugzeug »Solar Impulse 2« - hat der Antrieb mit Brennstoffzellen den Vorteil, dass sie nicht nur emissionsarm sind, sondern auch vergleichsweise leistungsstark, erklärt Ingenieur Schirmer im Gespräch. »Mit einem Flugzeug wie der ›Solar Impulse 2‹ kann man fliegen, aber es ist nicht möglich, in der Praxis ein Personenflugzeug mit Solarzellen zu betreiben.« In zehn Jahren sei es möglich, ein Brennstoffzellen-Flugzeug mit sechs bis neun Sitzen zu bauen, erklärt der Ingenieur. Das langfristige Ziel, Flugzeuge mit bis zu 19 Plätzen zu bauen, könne man bis etwa 2030 erreichen. Immerhin schafft der Motor des Flugzeugs heute schon eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 Kilometern pro Stunde. Die Reichweite der »HY4« beträgt laut den Wissenschaftlern je nach Geschwindigkeit, Gewicht und Flughöhe zwischen 750 und 1500 Kilometern.

»Große Passagierflugzeuge werden auf absehbare Zeit noch mit konventionellen Antrieben fliegen«, sagt André Thess, Leiter des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik. »Es gehört jedoch zu den großen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte, die Elektromobilität in die Luft zu bringen und den Luftverkehr der Zukunft CO2-neutral zu machen.« Thess’ Institut kooperiert mit mehreren Unternehmen und Forschungseinrichtungen, um das Flugzeug weiterzuentwickeln. Die DLR-Wissenschaftler sind dafür zuständig, den Antrieb zu bauen und in das Flugzeug einzupassen.

Die Forscher können sich vorstellen, dass ihr Flugzeug in Zukunft im deutschen und europäischen Regionalverkehr eingesetzt wird. »Gerade für diese kürzeren Strecken sind elektrische Antriebe sehr gut geeignet, weil sie lärm- und emissionsarm sind und aufgrund ihres hohen Drehmoments auch auf sehr kurzen Bahnen starten und landen können«, erklärt Josef Kallo vom DLR. Allein in Deutschland gebe es mehr als 250 Flughäfen, die dafür infrage kämen. »Kleine Passagierflugzeuge wie die ›HY4‹ könnten sehr bald im Regionalverkehr als Electric Air Taxis eingesetzt werden und eine flexible und schnelle Alternative zu bestehenden Transportmitteln bieten.«

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: »Der nächste Schritt ist jetzt, das Flugzeug alltagstauglich zu machen. Außerdem muss die Leistung noch größer werden«, erklärt Schirmer. Das sei bei Brennstoffzellen aber relativ leicht möglich, weil sie modular aufgebaut seien. Als maximal möglich sieht Schirmer Flugzeuge für 40 bis 70 Passagiere - das würde aber noch wesentlich länger dauern als bis 2030.

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